Die neue Geschäftsführerin der GEMA Stiftung, Monika Staudt, spricht im Interview über ihren Werdegang bei der GEMA und ihre Ziele sowie die Förderung des zeitgenössischen Musikschaffens in seiner ganzen Breite.
Frau Staudt, Sie sind seit Juni die neue Geschäftsführerin der GEMA Stiftung. Wie kam es dazu und warum liegt Ihnen die neue Aufgabe am Herzen?
Ich habe direkt nach meiner juristischen Ausbildung bei der GEMA angefangen, weil für mich immer klar war, dass ich im Urheberrecht arbeiten möchte. Und dass ich bei der GEMA arbeiten darf, ist für mich nach wie vor eine ganz große Ehre und Freude. Es macht Spaß, sich für die Urheberinnen und Urheber von Musik einzusetzen und etwas zu erreichen, seien es nun Textdichterinnen, Komponisten oder Verlage. Ich bin selbst auch Musikerin. Daher freut es mich ganz besonders, dass ich in meiner neuen Funktion als Geschäftsführerin der GEMA Stiftung den wichtigen Bereich der kulturellen Förderung konkret mitgestalten kann.
Sie haben gesagt, dass Sie auch selbst Musik machen?
Das stimmt. Ich habe eine Zeit lang klassischen Gesang studiert, weil es mein Traum war, einmal Opernsängerin zu werden. Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass ich für den künstlerischen Beruf nicht geeignet bin, und habe zu Jura gewechselt. Aber die Leidenschaft für die Musik ist geblieben.
Was reizt Sie an der neuen Aufgabe?
Die Möglichkeit, durch gezielte Förderung tolle Kulturprojekte anzuschieben, die ohne die Stiftung vielleicht gar nicht realisiert werden könnten. Parallel dazu leite ich innerhalb der GEMA noch zwei operative Direktionen. Beide kümmern sich hauptsächlich um die Mittelverteilung in der GEMA. Darunter fällt auch die kulturelle und soziale Förderung.
Das heißt, Sie verantworten jetzt sozusagen beide Förderstandbeine in Personalunion, das der GEMA und die Stiftung. Ist das aus Ihrer Sicht ein Vorteil?
Ich finde schon. Mir ist es ein großes Anliegen, dass die unterschiedlichen Bereiche kultureller Förderung innerhalb der GEMA zusammen gedacht werden. Wobei die Stiftung über die Verwendung ihrer Mittel freier entscheiden kann.
Wie genau lautet denn die Aufgabenstellung der GEMA Stiftung?
Unser Stiftungszweck ist, vereinfacht gesagt, die Förderung von Mitgliedern der GEMA. Das machen wir, indem wir zum Beispiel auf Antrag Projekte fördern oder Preise vergeben. Dabei geht es immer um die Förderung des zeitgenössischen Musikschaffens in seiner ganzen Breite. Außerdem kann die Stiftung in wirtschaftlichen Notlagen unterstützen. Wenn also beispielsweise ein langjähriges Mitglied erkrankt und deshalb nicht mehr musikschaffend tätig sein kann, dann kann es sich an die GEMA Stiftung wenden und um Unterstützung bitten. Das sind die zwei Zweckvorgaben, die in unserer Satzung vorgegeben sind.
Wenn die GEMA öffentlichkeitswirksam Gelder verteilt, zum Beispiel die dotierten Auszeichnungen beim Deutschen Musikautor*innenpreis (DMAP), ist dann auch die GEMA Stiftung mit im Boot?
Beim DMAP nicht, da ist die GEMA die alleinige Schirmherrin. Aber über die Stiftung läuft der Fred Jay Preis, mit dem jedes Jahr am ersten Abend der Mitgliederversammlung herausragende Textdichterinnen und Textdichter ausgezeichnet werden. Stifter ist Michael Jacobson, der Sohn von Fred Jay, der auch jedes Jahr zur Preisverleihung anreist. Ein weiteres Beispiel ist der Lyrikon, den die Stiftung alle zwei Jahre in Kooperation mit dem Deutschen Textdichter-Verband vergibt. Und was mir als leidenschaftliche Sängerin besonders viel Freude macht, ist der Deutsche Chorpreis, den wir in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Chorverband verleihen. Der Deutsche Chorpreis wird nur alle vier Jahre vergeben und im Moment bereiten wir gerade die Auswertung der Einreichungen durch die Jury vor. Verliehen wird die Auszeichnung dann auf dem Deutschen Chorfest im nächsten Jahr, und ich bin wirklich sehr gespannt auf das Ergebnis.
Um welche Projekte und Fördermöglichkeiten geht es denn darüber hinaus im Tagesgeschäft bei der GEMA Stiftung?
Das Spektrum der Förderanträge, die uns erreichen, ist wirklich sehr breit. Da geht es zum Beispiel um Konzertreihen oder auch um wissenschaftliche Forschungsarbeiten. Um mal eine Größenordnung zu nennen: Im Durchschnitt bewilligen wir etwa 40 Förderanträge pro Jahr. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass wir stets darauf achten, dass möglichst viele Menschen von der Förderung profitieren. Wir fördern in der Regel keine Einzelpersonen, sondern es geht immer um Vielfalt. Aber natürlich berücksichtigen wir es auch gerne, wenn Stifterinnen und Stifter explizit wünschen, dass die Stiftung ihre Zuwendungen für einen bestimmten Zweck einsetzt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Fred Jay Preis, der ja an den großartigen Textautor erinnern und Textschaffende fördern soll.
Bitte mal konkret: Können Sie uns ein oder zwei Beispiele für Förderprojekte geben?
Monika Staudt: Wir unterstützen zum Beispiel das "Jetzt und Immer Festival" in Ratingen, bei dem jedes Jahr im Spätsommer Künstlerinnen und Künstler aus ganz unterschiedlichen Genres auftreten. Im Bereich der Neuen Musik fällt mir die Konzertreihe "Winter-Kammermusik – Zwischenwelten" der Jungen Deutschen Philharmonie ein. Daran sehen Sie schon, wie breit unser Förderspektrum ist.
Einsamer Job oder großer Verwaltungsapparat: Wie ist die GEMA Stiftung personell aufgestellt?
Das wichtigste Organ ist der Stiftungsbeirat, dem Dr. Charlotte Seither als Beiratsvorsitzende vorsteht. Er setzt sich aus Vertretern des Aufsichtsrats der GEMA zusammen und berät über die Förderanträge. Dazu kommt ein kleines interdisziplinäres Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der GEMA, das die Geschäfte führt. Da sind Musikwissenschaftler dabei, Finanzfachleute oder Juristinnen wie ich.
Und wie sieht es mit der finanziellen Ausstattung aus?
Die Stiftung kann jedes Jahr einen ordentlichen sechsstelligen Betrag ausschütten. Damit lässt sich in der Kultur schon einiges bewegen. Wie viel Geld uns genau im Jahr zur Verfügung steht, hängt insbesondere von zwei Faktoren ab. Zum einen ist die Ertragsentwicklung des Stiftungsvermögens ausschlaggebend. Zum anderen variieren die Ausschüttungen für die der Stiftung übertragenen Verwertungsrechten. Im Moment sehen wir wieder gute Erträge, was sich insgesamt positiv auf die zu erwartende Fördersumme auswirkt.
Woher stammen eigentlich die Mittel, aus denen Sie ihre Förderprojekte finanzieren?
Das Stiftungskapital wird uns hauptsächlich von GEMA-Mitgliedern oder deren Erben zur Verfügung gestellt. Meist handelt es sich dabei um die Überlassung von Verwertungsrechten als sogenannte Rechtsnachfolge oder um Nachlässe. Wer Vermögen in die Stiftung einbringt, möchte damit oft etwas zurückgeben und anderen GEMA Mitgliedern, denen es nicht so gut geht, unter die Arme greifen. Ich finde, das sagt auch viel über das Verhältnis der Mitglieder untereinander aus. Das ist ein tolles Zeichen der Solidarität, auf das wir als GEMA stolz sein können. Natürlich freuen wir uns auch über jede Art von Spenden.
Haben wir es dann mit Geldern zu tun, die quasi Jahr für Jahr neu von der Mitgliederversammlung genehmigt werden müssen, oder eher mit einem stetig gefüllten Fördertopf?
Die Mittel der Stiftung stammen nicht aus den Lizenzeinnahmen der GEMA, sondern aus Erträgen des Stiftungsvermögens und aus den übertragenen Rechten oder eben aus Spenden. Deshalb ist die Mitgliederversammlung auch nicht zuständig. Verantwortlich für die Vergabe der Mittel sind jedoch die von der Mitgliederversammlung gewählten Mitglieder des Aufsichtsrats, die in den Stiftungsbeirat entsendet werden. So ist die Verbindung zur Mitgliedschaft über diese Vertreterinnen und Vertreter gegeben, auch wenn der Stiftungsbeirat letztlich unabhängig entscheidet.
Wie sieht es mit Entscheidungen und Berichtswegen aus, wer genehmigt welche Art von Förderungen und wie und in welchem Umfang wird geprüft, ob die Gelder korrekt verwendet wurden?
Die Entscheidungen werden vom Stiftungsbeirat getroffen, der sich aus Mitgliedern des GEMA Aufsichtsrats zusammensetzt. Die Geschäftsführung der Stiftung berichtet an diesen Stiftungsrat. Darüber steht die Rechtsaufsicht in der Regierung von Oberbayern, die im staatlichen Auftrag prüft, ob die Rahmenbedingungen im Bereich des Stiftungsrechts eingehalten werden. Was die korrekte Verwendung der Mittel durch die Begünstigten betrifft, so sind diesen natürlich verpflichtet, uns zu informieren, wenn der ursprüngliche Förderzweck nicht mehr gegeben ist. Es gibt aber keinen Grund für Misstrauen. Im Gegenteil: Wir haben das Gefühl, dass das Verantwortungsbewusstsein auf Seiten der Empfängerinnen und Empfänger der Mittel sehr hoch ist.
Was sind Ihre persönlichen Ziele für die GEMA Stiftung in den kommenden Jahren?
Erstens wünsche ich mir eine größere Sichtbarkeit der GEMA Stiftung, denn die Solidarität der Mitglieder untereinander ist so beeindruckend, dass sie weitergegeben werden sollte. Zweitens möchte ich den Fokus noch stärker auf die Förderung der kulturellen Vielfalt legen: Die Nische, das Experimentelle, das Besondere, das, was es kommerziell vielleicht besonders schwer hat, das finde ich spannend. Dazu gehört auch der Nachwuchs, der erst noch Förderung braucht, um sich künstlerisch entfalten zu können. Und drittens: Ein tolles Fördermodell, das sichtbar ist und mit dem wir etwas Gutes bewirken können, animiert hoffentlich andere, sich ebenfalls finanziell in der Stiftung zu engagieren. Ich hoffe, dass es uns gelingt, das Stiftungsvermögen zu erhöhen, damit wir noch mehr fördern können. Dafür möchte ich mich einsetzen.
Interview aus der Musikwoche vom 23.08.2024