Corona hat die Club-Branche besonders hart getroffen. Wie war das vergangene Jahr für euch als DJ Duo, Club-Besitzer und Musiker?
Notfx: Das vergangene Jahr war finanziell wirklich hart und das ist es auch nach wie vor. Künstlerisch ist es auf jeden Fall unbefriedigend. Der Pachtvertrag unseres Clubs hier in München ist im vergangenen Frühjahr ausgelaufen. Wir hatten uns innerlich schon darauf vorbereitet, dann wieder mehr Zeit zu haben, um noch mehr Shows spielen zu können und Musik zu machen. Zwar machen wir jetzt sehr viel Musik, können sie aber nicht wie es gedacht ist, live auflegen. Und klar, viel Musik wurde im vergangenen Jahr digital gespielt, aber das ist einfach nicht vergleichbar.
Dan Gerous: Das Real-Time-Feedback und die Energie einer Crowd, die vor einem steht, lässt sich digital nicht nachbilden.
Wie sind die Aussichten für diesen Sommer?
Notfx: Mit Blick auf den Sommer tut sich ein bisschen was. Insbesondere draußen ist die ein oder andere Veranstaltung geplant. Aber auf einen längeren Zeithorizont gesehen, dauert es sicher noch, bis es auch nur ansatzweise wieder so ist wie vor Corona.
Ihr habt in München über 10 Jahre das Crux, einen stadtbekannten Hip-Hop Club, betrieben und seid weltweit auf vielen Bühnen unterwegs gewesen. Wie kam es, dass ihr beiden DJ geworden seid?
Dan Gerous: Mich faszinierten die DJs in den Musikvideos, die im Fernsehen gelaufen sind. Da hat man bei den Hip-Hop-Künstlern im Hintergrund die DJs gesehen, die Plattenspieler hatten, die komplett anders aussahen als die von den eigenen Eltern. Die hatten so Regler in der Mitte und die DJs haben die Platten dann auch noch so angefasst, wie man es zuhause nie durfte. Das war für mich der erste Kontakt. Dazu kam, dass ich großer Fan von Rap-Musik bin, die man damals nur auf Platte bekommen hat. Das hieß, ich hatte auch einen Plattenspieler und wenn dann meine Freunde bei mir rumhingen, habe ich für die eben Musik aufgelegt. Irgendwann hatte ich dann einen zweiten Plattenspieler und ein Mischpult und habe angefangen, die Musik zu mixen. So bin ich dann eher aus Versehen DJ geworden.
Notfx: Bei mir war es ähnlich. Mich haben auf jeden Fall auch die Menschen fasziniert, die in den Musikvideos an den Plattenspielern standen. Für mich kam dann immer auch schon die Faszination für die technische Seite dazu. Es ist bis heute so, dass wenn es ein neues technisches Gadget gibt, ich das ausprobieren muss.
Was macht aus eurer Sicht einen guten DJ aus?
Notfx: Einen guten DJ macht aus, dass er die Musik spielt, die die Leute hören wollen und aber auch Musik, von der die Menschen noch gar nicht wissen, dass sie sie hören wollen.
Dan Gerous: Und natürlich, dass er/sie die Crowd lesen kann, Stimmungen spürt und darauf reagiert und die Leute mitnimmt auf eine musikalische Reise. Im besten Fall werden dabei ekstatische, einzigartige Momente kreiert. Insgesamt ist das eigentlich alles eine Timing- und Kontext-Sache. Die besten Tracks können komplett verpuffen, wenn sie im falschen Moment gespielt werden und andersrum können ganz ‚smoove‘ Tracks auch enorm abgehen, wenn man sie geschickt einbaut.
Wenn ihr einen Abend hinterm Pult vor euch habt. Bereitet ihr dafür eine Setliste vor oder entscheidet ihr spontan am Abend, welche Songs ihr wann spielt?
Dan Gerous: Das kommt auf den Gig an. Wenn ich in einem Club spiele, für mehrere Stunde auflege und dort vielleicht auch schonmal war und das Publikum etwas kenne, dann bereite ich mich weniger vor. Da weiß ich dann einfach grob, was auf mich zukommt und versuche da eher mit der Stimmung zu gehen und zu schauen, was der Abend so bringt. Wenn wir aber einen Gig bei einem Festival haben, der vielleicht auch nur auf eine Stunde begrenzt ist, dann planen wir das sehr genau von vorne bis hinten durch, um in der Kürze der Zeit auch ‚delivern‘ zu können.
Notfx: Auf einem Festival muss es einfach mehr nach einer Performance aussehen, als das in einem Club der Fall ist, wo man nicht so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Da hat man dann einfach Zeit zu überlege, mit welchem Song man die Leute überraschen kann. Diese Zeit hat man auf den großen Festivalbühnen einfach nicht. Bei 45 Minuten ist das dann wie bei einer Band, die sich bei einem Auftritt ja auch nicht auf der Bühne überlegt, welchen Song sie als nächstes spielt. Da bereiten wir auch eine detaillierte Setliste vor.
Wie würdet ihr eure Arbeit jemandem beschreiben, der so gar keine Idee hat, was ein DJ den ganzen Tag so macht?
Notfx: Also in unserem Fall würde ich sagen, dass wir im Alltag das reine Auflegen jetzt nicht groß üben. Wenn man nicht an DJ-Wettbewerben teilnimmt, dann übt man das nicht unbedingt so viel. Wir sind gleichzeitig auch Künstler und produzieren unsere eigene Musik. Das Veröffentlichen neuer Remixe und Songs nimmt für uns aktuell einen großen Teil unserer Zeit in Anspruch. Wir sind also momentan vor allem viel im Studio unterwegs und arbeiten da an unserer Musik. Bis letztes Frühjahr haben wir zusätzlich hier in München unseren eigenen Club gehabt. Das war neben der Musik sehr viel Arbeit. Aber sehr viele DJs haben einen ganz normalen „Day-Job“ und machen das Ganze mehr oder weniger nebenberuflich.
Ihr habt eben schon erwähnt, dass ihr auch eure eigenen Songs produziert. Wie unterscheidet sich die Produktion eurer Werke von sagen wir mal einer Band, die ihre Texte selbst schreibt und die Melodie dazu komponiert? Oder gibt es da in euren Augen gar keinen großen Unterschied?
Dan Gerous: Wenn wir Musik produzieren, machen wir die Musik komplett selbst. Wir haben sehr repetitive Stücke, die mehr oder weniger nur aus einem Loop bestehen. Da unterscheiden sich unsere Songs vielleicht von anderer Musik. Wir produzieren aber auch sehr komplexe Sachen, zu denen wir auch die Texte schreiben und uns die Melodien dazu ausdenken. Da kann man dann auch von komponieren sprechen. Unsere Musik ist aber immer ‚beat-driven‘. Menschen müssen zu unseren Songs tanzen können. Eine Band schreibt dann ab und zu doch mal eine Ballade, die muss dann aber auch nicht auf dem Dancefloor performen.
Notfx: Ähnlich wie in einer Band spielen wir zum Teil die Instrumente auch selbst ein und setzen dann alles am PC digital zusammen. Da sind wir dann – mit Ausnahme des Sängers vielleicht – die ganze Band, also Drummer, Keyboarder und Gitarrist in einem. Für den Gesang arbeiten wir dann mit anderen Sängern oder Rappern zusammen und machen das nicht selbst.
Eine vielleicht ketzerische Frage zum Abschluss: was antwortet ihr Menschen, die meinen, eine gute Party könne man auch mit einer Spotify-Liste musikalisch beschallen?
Dan Gerous: Die sollen das einfach mal ausprobieren und dann dieselbe Party nochmal machen und einen DJ spielen lassen und dann einfach schauen, welche Party geiler wird.