Rede von Prof. Dr. Jürgen Becker, Sprecher des Vorstands der GEMA.
I. Die wirtschaftliche Lage der GEMA im Geschäftsjahr 2005
Meine Damen und Herren,
die GEMA hat im Geschäftjahr 2005 bewiesen, dass sie auch unter schwierigen Rahmenbedingungen erfolgreich für die Musikautoren und Musikverleger in Deutschland arbeiten kann. Die GEMA war im zurückliegenden Jahr in der Lage, auch gegen negative Trends im Musikmarkt und Musikgeschäft gute wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen. So freue ich mich, Ihnen heute berichten zu können, dass wir eine Ertragssteigerung erzielen und insbesondere auch eine Verbesserung der Verteilungssumme realisieren konnten. Doch lassen sie mich es gleich vorab sagen, bevor ich Ihnen die Bilanzzahlen im Einzelnen näher erörtere: Zufrieden kann die GEMA nicht sein. Denn wir sehen ein deutliches Missverhältnis zwischen der steten Zunahme von Musiknutzungen jeglicher Art auf der einen Seite und dem virulenten Problem, für diese Musiknutzungen angemessene Vergütungen für die Autoren durchzusetzen. Weit mehr haben die Musiknutzungen qualitativ und quantitativ zugenommen als die Verteilungssumme der GEMA. Exemplarisch für dieses Missverhältnis seien die Downloads im Internet und die digitalen TV-Angebote genannt: Weltweit wurden im Jahr 2005 420 Mio. Downloads aus legalen und 382 Mio. aus illegalen Quellen gezählt. Standen früher im Kabel 30 analoge Sender zur Auswahl, so hat der Technologieschub zu einer Flut neuer digitaler Spartenprogramme mit bis zu 300 Angeboten geführt. Diese extrem gestiegene Musiknutzung führte indessen dazu, dass die Vergütung des Autors für sein einzelnes Werke kontinuierlich gesunken ist.
Der Auftrag der GEMA, für die Musikschöpfer eine angemessene Entlohnung zu sichern, wird zunehmend auch dadurch erschwert, dass urheberfeindliche Forderungen und Positionen in Deutschlands wie auf EU-Ebene die Rechte der Musikurheber bedrohen. So stellt die erfolgreiche Jahresbilanz 2005, die die GEMA Ihnen heute präsentieren kann, nur eine Seite der Situation der Musikurheber in Deutschland dar. Auf der anderen Seite wird das Bild getrübt, weil Gesetzesnovellierungen der Bundesregierung, im Rahmen des sog. "Zweiten Korbes" zur Novellierung des Urheberrechts, Vorstellungen der EU-Kommission zum transnationalen Rechte-Management und die Marktdominanz von bestimmten Lizenznehmern im Online-Bereich es den Verwertungsgesellschaften mehr und mehr erschweren, die Rechte der Autoren durchzusetzen.
Die Bilanz
Die GEMA kann für das Jahr 2005 zunächst eine grundsätzlich erfreuliche wirtschaftliche Bilanz ziehen: die Gesamterträge liegen bei 852,2 Mio. EUR und damit um 46,0 Mio. EUR oder 5,7 % über dem Vorjahr. Gleichzeitig hat die GEMA effizient und kostenbewusst gearbeitet, so dass der Kostensatz auf 14,12 % gesenkt werden konnte (gegenüber 14,39 % in 2004).
Erfreulich an der Bilanz 2005 ist zudem, dass in allen Hauptinkassobereichen der GEMA Steigerungen erzielt werden konnten.
Die Steigerungswerte sind in den Bereichen
Bezirksdirektionen (Aufführungs-, Vorführungs-, Wiedergaberechte) + 10,6 Mio. EUR (= 4,15 %)
Industrie (Vervielfältigungsrechte) + 32,5 Mio. EUR (= 15,85 %)
Rundfunk und Fernsehen (Senderechte) + 3,5 Mio. EUR (= 1,55 %)
Im GEMA-Gesamtergebnis 2005 sind auch Erträge aus Inkassomandaten anderer Verwertungsgesellschaften in Höhe von 170 Mio. EUR enthalten.
Industrie
Das Gesamtergebnis des Jahres 2005 ist indessen durch periodenfremde und einmalige Erträge in der Größenordnung von 20 Mio. EUR positiv beeinflusst. Grund ist die Auflösung von Rückstellungen im Geschäftsjahr 2005 durch das für die Musikautoren im April 2005 erfolgreich beendete Schiedsstellenverfahren mit der Deutschen Landesgruppe der IFPI, das zugunsten der GEMA entschieden worden ist und von der IFPI akzeptiert wurde. Was also positiv anmutet, nämlich der besonders hohe Zuwachs von 15,85 % oder 32,5 Mio. EUR im Bereich Industrie, sind Vergütungen, die wegen des erwähnten Tarifstreits den Komponisten, Textautoren und Musikverlegern vorenthalten und erst jetzt verspätet ausgeschüttet werden konnten.
Bereinigt man die Zahlen für den Tonträgermarkt Inland in den Geschäftsjahren 2004 und 2005 um einmalige Effekte, so ergeben sich für 2004 Lizenzerträge von 105,3 Mio. EUR und für 2005 von 104,8 Mio. EUR, also ein Minus von 0,6 Mio EUR bzw. 0,5 %. Die Stagnation im Bereich des Tonträgermarktes in Deutschland hat sich also auch im vergangenen Geschäftsjahr fortgesetzt.
Onlinelizenzierungen
Gegen welche Widerstände die GEMA ihre Arbeit im Dienste der Musikautoren bewerkstelligen muss, zeigt ein Blick auf den Zukunftsmarkt der Onlinelizenzierungen: Im Licht der breiten Akzeptanz der Musikdistribution im Internet wäre zu erwarten, dass die Musikautoren hier an einem prosperierenden Geschäft teilhaben könnten. Doch sprechen die Ertragszahlen der GEMA im Onlinebereich eine andere Sprache. Im Bereich Online on demand und Websites hat die GEMA einen Ertrag von 1,4 Mio. EUR erzielt, nicht ganz so bescheiden, aber vergleichsweise gering ist das Ergebnis bei den Ruftonmelodien mit 4,1 Mio. EUR in 2005. Wenn man bedenkt, welche wirtschaftliche Dimension die digitale Musikdistribution inzwischen in Deutschland erreicht hat, so muss mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass diese Beträge bei weitem nicht das Kriterium erfüllen, das im Urheberrechtsgesetz festgeschrieben ist: nämlich die angemessene Beteiligung bzw. Vergütung der Musikautoren am wirtschaftlichen Erfolg der Nutzung ihres geistigen Eigentums.
Warum sind die Erträge der GEMA in diesen Bereichen so gering? Seit Jahren blockieren Anbieter von Musik im Netz, phonographische Wirtschaft und Content-Provider eine vernünftige und faire Vergütungsregelung in den Bereichen Music-on-Demand, Ruftonmelodien und Abonnementdiensten. Seitdem im Jahre 2001 die GEMA für diese Nutzungsformen Tarife veröffentlicht hat, wurden von Seiten der Lizenznehmer zahlreiche Schiedsstellenverfahren gegen die GEMA eröffnet mit dem Ziel, in diesen neuen Märkten den Kostenfaktor Urheberrecht zugunsten von Konzerngewinnen so niedrig wie möglich zu halten, Geschäfte also zu Lasten der Urheber zu machen.
Mit Genugtuung blickt die GEMA deshalb auf die Entscheidungen der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt vom 20. und 27. Februar 2006, wonach die Gesamtvertragsfähigkeit der Phonographischen Wirtschaft sowohl für Musiknutzungen Online, als auch für Ruftonmelodien verneint wird und damit die Verzögerungstaktik gegen zeitnahe Nutzungsmeldungen und Vergütungen durch Content-Provider für die Musikautoren zurückgewiesen wurde. Indessen hat die GEMA hier noch viele Auseinandersetzungen zu führen, um endlich im Online- und Mobilfunkbereich mit 12 % vom Endverbraucherpreis eine angemessene Vergütung für die Musikautoren am Markt zu realisieren.
Rundfunk und Fernsehen
Der Gesamtertrag der Direktion Rundfunk ist im Geschäftsjahr 2005 gegenüber dem Geschäftsjahr 2004 von EUR 229,5 Mio. um EUR 3,5 Mio. auf EUR 233,0 Mio. angestiegen. Dies entspricht einer Steigerung um 1,55 %.
Die Ertragslage ist somit stabil: Ein leichter Rückgang der Erträge im Lizenzbereich Privates Fernsehen um EUR 1,0 Mio. wird durch eine Steigerung der Erträge des Privaten Hörfunks in Höhe von EUR 1,5 Mio. kompensiert. Im Lizenzbereich Öffentlich-rechtlicher Rundfunk beträgt die Steigerung nur EUR 0,4 Mio.
Im Jahr 2005 haben die Erträge im Rundfunk/Fernsehen (bereinigt um die Inkassomandate) wieder das Niveau von 2001 erreicht. Das heißt, die Verluste, die die Musikautoren insbesondere aufgrund der rückläufigen Werbeeinnahmen in den zurückliegenden Jahren hinnehmen mussten, konnten abgeschwächt werden.
Die öffentlich-rechtlichen Sender profitierten im Geschäftsjahr 2005 von einer Erhöhung der Rundfunkgebühren um 0,88 Cent (von EUR 16,15 pro Monat und Haushalt auf EUR 17,03). Diese Steigerung der Einnahmen von ARD und ZDF wurde neben anderen Faktoren von der GEMA in ihren Verhandlungen für die neuen Ergänzungsverträge berücksichtigt, welche die Jahre 2005 bis 2008 umfassen.
Die Verhandlungen mit ARD und ZDF für eine neue Vertragsperiode ab 2005 stehen kurz vor dem Abschluss; aufgrund der Steigung der GEZ-Gebühren zum 01.04.2005 kann die GEMA ebenfalls mit einer Steigung der Einnahmen aus diesem Bereich rechnen.
Es ist eine Herausforderung für die GEMA, gemeinsam mit ihren Lizenzpartnern den Wert der musikalischen Kreativität im Rundfunk- und Fernsehbereich immer wieder neu zu überprüfen und die finanzielle Seite dieses Wertes durchzusetzen.
Gerade auch im privaten Rundfunk- und Fernsehmarkt muss die GEMA im Interesse ihrer Mitglieder darauf Wert legen, dass grundsätzlich alle Einnahmequellen als Grundlage der Vergütungsberechnung herangezogen werden. Deshalb konzentrierten sich die Verhandlungen mit den Rundfunkverbänden APR und VPRT im letzten Geschäftjahr auf die Frage, wie beispielsweise Bannerwerbung, Telefoneinnahmen und Einnahmen aus Gegenseitigkeitsgeschäften und Vermarktungsorganisationen in die Bemessungsgrundlage für die Regelvergütungen aufgenommen werden können. Es ist erfreulich, dass für diese Fragen entsprechende vertragliche Regelungen gefunden wurden, die sicherstellen, dass Musikautoren hier keine Verluste ihrer Einnahmen erleiden.
Die Erträge in der Sparte Internetradio haben sich im Berichtszeitraum ebenfalls erfreulich entwickelt: So konnte 2005 gegenüber dem Geschäftsjahr 2004 (EUR 175.000,-) eine Steigerung um 30,5 % auf EUR 229.000,- realisiert werden und das, obwohl die von der GEMA geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Kundenfreundlichkeit erst zum 1. April 2006 greifen werden. Dann wird die GEMA den Veranstaltern von Webradio die Möglichkeit anbieten, die notwendige Lizenz online zu erwerben. Unter diesen Umständen erscheint es realistisch, dass die Erträge aus dem Bereich Webradio weiterhin dynamisch steigen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Veranstaltung von Webradio in den wenigsten Fällen um eine kommerzielle, noch seltener um eine kommerziell erfolgreiche Aktivität handelt. Die Herausforderung für die GEMA liegt hier in der erfolgreichen Bewältigung einer massenhaften Musiknutzung in der Online-Welt. Der von der GEMA neu entwickelte Lizenzshop im Internet, der ab nächsten Monat den Kunden zur Verfügung steht, zeigt beispielhaft, wie die GEMA die neuen technischen Möglichkeit zur zeitgemäßen und effizienten Rechtewahrnehmung einsetzt.
Musikveranstalter
Aber auch in allen Bereichen der traditionellen Formen der Musiknutzung wie Live-Konzerte und Hintergrundmusik in Geschäften und Gastbetrieben muss die GEMA immer wieder neu für die berechtigten Ansprüche der Autoren den Blick schärfen und für eine angemessene Tarifgestaltung eintreten. Herausforderung ist hier die Marktdurchdringung in die Tiefe: Überall, wo in Deutschland öffentlich Musik erklingt, vom Vereinskonzert bis zur Tournee internationaler Megastars, muss die GEMA verlässlich für eine angemessene Entlohnung der Komponisten und Textautoren sorgen. Im Geschäftsjahr 2005 konnte Wachstum im Wesentlichen in den Sparten U (63.599 Mio. EUR) und M (115.678 Mio. EUR) erwirtschaftet werden. Die Sparte M beinhaltet Erträge aus der Tonträgerwiedergabe (einschließlich Wiedergabe in Diskotheken). In der Sparte U sind die Erträge aus der Lizenzierung von Live-Veranstaltungen mit Unterhaltungsmusik zusammengefasst.
Meine Damen und Herren, ich habe mir erlaubt, Ihnen das Zahlenwerk der GEMA-Bilanz 2005 etwas detaillierter vorzutragen, um einerseits deutlich zu machen, mit welcher Erfahrung, Verlässlichkeit und Akribie die GEMA für die Rechte der Musikautoren in Deutschland eintritt - und dabei auch recht erfolgreich ist -, ich wollte Ihnen aber auch vor Augen führten, wie schwierig das Geschäft geworden ist, bei einer permanenten Steigerung der Musiknutzungen in allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen marktgerechte Tarife zur Lizenzierung für die verstärkt nachgefragte Musik zu realisieren. Überblickt man die Entwicklungen der letzen Jahre, so zeichnet sich immer deutlicher ein für die Urheber beunruhigender und für unsere gesamtes Musikleben schädlicher Gegensatz ab: Massenhafte Nutzungen des geistigen Eigentums insbesondere durch neue Technologien rund um die Uhr, der Wert der musikalischen Kreativität scheint dabei aber in Vergessenheit zu geraten und wird zusehends von bestimmten interessierten Kreisen in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund muss dem individuellen Musikschöpfer, der etwas Originelles im Bereich der Musik erschafft, die Entlohnung seiner Arbeit buchstäblich als "Tropfen auf dem heißen Stein" erscheinen. Und es ist bedauerlich, dass die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa, die eigentlich zum Schutz der Rechte der Musikautoren beitragen sollten, diesen Gegensatz nicht mindern, sondern eher noch verschärfen.
II. Kritik an der Novelle zum Urheberrechtsgesetz (Korb 2)
Mit großer Sorge verfolgt die GEMA die Planungen der Bundesregierung zur Novellierung des Urheberrechtsgesetzes. Der unter "Korb 2" bekannte Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft sieht im Vergleich zur geltenden Gesetzeslage erhebliche Verschlechterungen für die Urheber vor, insbesondere im Bereich der Vergütungsansprüche für private Vervielfältigung.
Lassen Sie mich dies am Beispiel der Vergütungen für DVD-Brenner illustrieren. Nach den zu bekämpfenden Vorstellungen der Bundesregierung soll künftig die Summe der Vergütungsansprüche aller Berechtigten für einen Gerätetyp 5 % des Verkaufspreises nicht überschreiten. Diese 5 %-Regelung würde sich auf die Erträge der Zentralstelle für Private Überspielungsrechte (ZPÜ) für DVD-Brenner wie folgt negativ für die Autoren auswirken. Bei der bislang gesetzlich festgelegten Vergütungsregelung von EUR 9,21 pro Gerät hat die ZPÜ in 2005 für 6.185.540 in Deutschland produzierter oder nach Deutschland importierter DVD-Brenner einen Ertrag von 45.6 Mio. EUR erzielen können. Bei derselben Stückzahl von DVD-Brennern und einem Durchschnittspreis von ca. 85 EUR pro Brenner erhielte die ZPÜ künftig nach der 5 %-Regelung nur noch 26.4 Mio EUR, also nur ein wenig mehr als die Hälfte.
Anstatt von dem bewährten System der Vergütung für private Vervielfältigung abzurücken, anstatt die Vergütung der Urheber drastisch zu senken, muss endlich in Deutschland das politische Realität werden, was im Vergütungsbericht der Bundesregierung bereits im Jahr 2000 vorgeschlagen wurde: nämlich eine angemessene Erhöhung der Vergütungssätze im Bereich der privaten Vervielfältigung, die seit 1985 nicht mehr angepasst wurden. Durch diesen Verzug ist es in diesem Bereich bereits seit Jahrzehnten zu einem "Lohnstillstand" (Herta Däubler-Gmelin) für die Urheber gekommen.
Von der gesetzlichen Möglichkeit der privaten Vervielfältigung profitiert der Markt für den Vertrieb von Geräten und Speichermedien erheblich. Dieser Zusammenhang wird von der Bundesregierung übersehen, wenn nunmehr das Interesse der Hersteller an der Erzielung eines wirtschaftlichen Gewinns höher bewertet werden soll als der Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung.
Die GEMA weist daher die geplanten Neuregelungen und die drohenden negativen Auswirkungen für die Urheber zurück und fordert die Bundesjustizministerin und die Bundesregierung mit Nachdruck dazu auf, von der Benachteilung der kreativen Menschen abzurücken.
Insbesondere kritisiert die GEMA gemeinsam mit den Verwertungsgesellschaften VG Wort, VG Bild-Kunst und GVL neben der 5 %-Regelung, dass es bei der Bestimmung der Vergütungshöhe künftig darauf ankommen soll, ob die Vergütung die Herstellung von Geräten und Speichermedien unzumutbar beeinträchtigt und dass die Vergütungen künftig nicht mehr durch den Gesetzgeber, sondern durch die Verwertungsgesellschaften sowie die Hersteller von Geräten und Speichermedien selbst festgelegt werden.
Aufgrund der Regelungen des Referentenentwurfs und seit wenigen Tagen des Regierungsentwurfs ist zu befürchten, dass der Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung für die private Vervielfältigung künftig sowohl der Höhe nach gefährdet als auch in seiner Durchsetzung erheblich erschwert wird. Mit dem Entwurf werden urheberfremde Kriterien zur Bestimmung der Vergütungshöhe eingeführt, die zu dem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung gegenläufig sind und diesen aushöhlen. Wenn nach der Neuregelung auf die Zumutbarkeit der Vergütung für den Hersteller abzustellen ist, so bedeutet dies, dass eine neue Obergrenze für die Vergütungshöhe eingeführt werden soll, die weit unter dem bisherigen Niveau liegen wird und dass das urheberrechtliche Prinzip der Angemessenheit über Bord geworfen wird.
Die in der GEMA zusammengeschlossen Musikautoren und -verleger können sich bei der Diskussion um "Korb 2" des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bundesregierung den Lobbyisten der Herstellerindustrie mehr Gehör schenkt als den musikalisch kreativen Menschen, die mit ihrer Arbeit ja erst alle weiteren Stufen der Wertschöpfungskette im Musikgeschäft ermöglichen. Auch hier muss die GEMA beklagen, dass die Wirtschaftmacht von Herstellerfirmen offenkundig mehr Gewicht hat als der Auftrag des Staates, das geistige Eigentum zu schützen. Wir werden in den nächsten Wochen alles daran setzen, um dieser politisch-wirtschaftlichen Koalition gegen den Musikurheber entgegenzutreten und die geplante Enteignung der Autoren zu verhindern.
III. GEMA weist Forderung der EU-Wettbewerbskommission zurück
Nicht nur in Deutschland, auch auf europäischer Ebene werden aktuell Argumente des Marktes gegen das kulturelle Gut des Schutzes des geistigen Eigentums ins Feld geführt und damit kulturelle Errungenschaften in allen europäischen Ländern gefährdet. In diesen Kontext gehören die jüngst von der EU-Kommission gegen die GEMA und andere europäische Verwertungsgesellschaften erhobenen Vorwürfe zur Praxis der kollektiven Rechtewahrnehmung.
Die Europäische Kommission hat der CISAC, dem Weltdachverband der Verwertungsgesellschaften, sowie der GEMA und allen anderen Verwertungsgesellschaften für Musikrechte aus Ländern der EU bzw. des EWR Anfang Februar eine Mitteilung von Beschwerdepunkten (Statement of Objections) übersandt. Diese Mitteilung richtet sich zum einen gegen Bedingungen für den Abschluss von Berechtigungsverträgen zwischen der GEMA und Wahrnehmungsberechtigten mit Staatsangehörigkeit von EU- bzw. EWR-Staaten. Weiterhin kritisiert die EU-Kommission die Gegenseitigkeitsverträge, die die GEMA mit anderen Verwertungsgesellschaften in EU- bzw. EWR-Staaten geschlossen hat, soweit diese Verträge für die Bereiche der Satellitensendung, der Kabelweiterverbreitung und der Online-Nutzungen eine exklusive und territorial beschränkte Rechteübertragung an andere Verwertungsgesellschaften vorsehen. Die Kommission sieht in den Mitgliedschafts- und Gebietsbeschränkungen Verstöße gegen das europäische Kartellverbot. Als Konsequenzen hat die Kommission angedroht, die Praktizierung der beanstandeten Verhaltensweisen zu untersagen und Geldbußen gegen die betroffenen Verwertungsgesellschaften festzusetzen.
Die GEMA weist die Vorwürfe des EU-Papiers als unbegründet zurück. Die von der Kommission kritisierten vermeintlichen Mitgliedschaftsbeschränkungen in den Gegenseitigkeitsverträgen existieren in der Praxis der GEMA nicht. Soweit die Gegenseitigkeitsverträge eine jeweils territorial beschränkte Rechteeinräumung vorsehen - jede Gesellschaft räumt der anderen ihr Repertoire jeweils für das Gebiet der anderen Gesellschaft ein - ist dies auch in den Bereichen Satellitensendung, Kabelweiterverbreitung und Online weiterhin sachlich begründet und wettbewerbsrechtlich konform. Deshalb ist auch die Bußgeldandrohung vollkommen überraschend und nicht gerechtfertigt.
Dies wird die GEMA in ihrer detaillierten Antwort an die Kommission darlegen.
Meine Damen und Herren,
die GEMA hat im Geschäftjahr 2005 bewiesen, dass sie auch unter schwierigen Rahmenbedingungen erfolgreich für die Musikautoren und Musikverleger in Deutschland arbeiten kann. Die GEMA war im zurückliegenden Jahr in der Lage, auch gegen negative Trends im Musikmarkt und Musikgeschäft gute wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen. So freue ich mich, Ihnen heute berichten zu können, dass wir eine Ertragssteigerung erzielen und insbesondere auch eine Verbesserung der Verteilungssumme realisieren konnten. Doch lassen sie mich es gleich vorab sagen, bevor ich Ihnen die Bilanzzahlen im Einzelnen näher erörtere: Zufrieden kann die GEMA nicht sein. Denn wir sehen ein deutliches Missverhältnis zwischen der steten Zunahme von Musiknutzungen jeglicher Art auf der einen Seite und dem virulenten Problem, für diese Musiknutzungen angemessene Vergütungen für die Autoren durchzusetzen. Weit mehr haben die Musiknutzungen qualitativ und quantitativ zugenommen als die Verteilungssumme der GEMA. Exemplarisch für dieses Missverhältnis seien die Downloads im Internet und die digitalen TV-Angebote genannt: Weltweit wurden im Jahr 2005 420 Mio. Downloads aus legalen und 382 Mio. aus illegalen Quellen gezählt. Standen früher im Kabel 30 analoge Sender zur Auswahl, so hat der Technologieschub zu einer Flut neuer digitaler Spartenprogramme mit bis zu 300 Angeboten geführt. Diese extrem gestiegene Musiknutzung führte indessen dazu, dass die Vergütung des Autors für sein einzelnes Werke kontinuierlich gesunken ist.
Der Auftrag der GEMA, für die Musikschöpfer eine angemessene Entlohnung zu sichern, wird zunehmend auch dadurch erschwert, dass urheberfeindliche Forderungen und Positionen in Deutschlands wie auf EU-Ebene die Rechte der Musikurheber bedrohen. So stellt die erfolgreiche Jahresbilanz 2005, die die GEMA Ihnen heute präsentieren kann, nur eine Seite der Situation der Musikurheber in Deutschland dar. Auf der anderen Seite wird das Bild getrübt, weil Gesetzesnovellierungen der Bundesregierung, im Rahmen des sog. "Zweiten Korbes" zur Novellierung des Urheberrechts, Vorstellungen der EU-Kommission zum transnationalen Rechte-Management und die Marktdominanz von bestimmten Lizenznehmern im Online-Bereich es den Verwertungsgesellschaften mehr und mehr erschweren, die Rechte der Autoren durchzusetzen.
Die Bilanz
Die GEMA kann für das Jahr 2005 zunächst eine grundsätzlich erfreuliche wirtschaftliche Bilanz ziehen: die Gesamterträge liegen bei 852,2 Mio. EUR und damit um 46,0 Mio. EUR oder 5,7 % über dem Vorjahr. Gleichzeitig hat die GEMA effizient und kostenbewusst gearbeitet, so dass der Kostensatz auf 14,12 % gesenkt werden konnte (gegenüber 14,39 % in 2004).
2005 | 2004 | |
---|---|---|
Erträge | 852,224 Mio. EUR | 806,208 Mio. EUR |
Aufwendungen | 120,339 Mio. EUR | 116,030 Mio. EUR |
Verteilungssumme | 731,885 Mio. EUR | 690,178 Mio. EUR |
Erfreulich an der Bilanz 2005 ist zudem, dass in allen Hauptinkassobereichen der GEMA Steigerungen erzielt werden konnten.
Die Steigerungswerte sind in den Bereichen
Bezirksdirektionen (Aufführungs-, Vorführungs-, Wiedergaberechte) + 10,6 Mio. EUR (= 4,15 %)
Industrie (Vervielfältigungsrechte) + 32,5 Mio. EUR (= 15,85 %)
Rundfunk und Fernsehen (Senderechte) + 3,5 Mio. EUR (= 1,55 %)
Im GEMA-Gesamtergebnis 2005 sind auch Erträge aus Inkassomandaten anderer Verwertungsgesellschaften in Höhe von 170 Mio. EUR enthalten.
Industrie
Das Gesamtergebnis des Jahres 2005 ist indessen durch periodenfremde und einmalige Erträge in der Größenordnung von 20 Mio. EUR positiv beeinflusst. Grund ist die Auflösung von Rückstellungen im Geschäftsjahr 2005 durch das für die Musikautoren im April 2005 erfolgreich beendete Schiedsstellenverfahren mit der Deutschen Landesgruppe der IFPI, das zugunsten der GEMA entschieden worden ist und von der IFPI akzeptiert wurde. Was also positiv anmutet, nämlich der besonders hohe Zuwachs von 15,85 % oder 32,5 Mio. EUR im Bereich Industrie, sind Vergütungen, die wegen des erwähnten Tarifstreits den Komponisten, Textautoren und Musikverlegern vorenthalten und erst jetzt verspätet ausgeschüttet werden konnten.
Bereinigt man die Zahlen für den Tonträgermarkt Inland in den Geschäftsjahren 2004 und 2005 um einmalige Effekte, so ergeben sich für 2004 Lizenzerträge von 105,3 Mio. EUR und für 2005 von 104,8 Mio. EUR, also ein Minus von 0,6 Mio EUR bzw. 0,5 %. Die Stagnation im Bereich des Tonträgermarktes in Deutschland hat sich also auch im vergangenen Geschäftsjahr fortgesetzt.
Onlinelizenzierungen
Gegen welche Widerstände die GEMA ihre Arbeit im Dienste der Musikautoren bewerkstelligen muss, zeigt ein Blick auf den Zukunftsmarkt der Onlinelizenzierungen: Im Licht der breiten Akzeptanz der Musikdistribution im Internet wäre zu erwarten, dass die Musikautoren hier an einem prosperierenden Geschäft teilhaben könnten. Doch sprechen die Ertragszahlen der GEMA im Onlinebereich eine andere Sprache. Im Bereich Online on demand und Websites hat die GEMA einen Ertrag von 1,4 Mio. EUR erzielt, nicht ganz so bescheiden, aber vergleichsweise gering ist das Ergebnis bei den Ruftonmelodien mit 4,1 Mio. EUR in 2005. Wenn man bedenkt, welche wirtschaftliche Dimension die digitale Musikdistribution inzwischen in Deutschland erreicht hat, so muss mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass diese Beträge bei weitem nicht das Kriterium erfüllen, das im Urheberrechtsgesetz festgeschrieben ist: nämlich die angemessene Beteiligung bzw. Vergütung der Musikautoren am wirtschaftlichen Erfolg der Nutzung ihres geistigen Eigentums.
Warum sind die Erträge der GEMA in diesen Bereichen so gering? Seit Jahren blockieren Anbieter von Musik im Netz, phonographische Wirtschaft und Content-Provider eine vernünftige und faire Vergütungsregelung in den Bereichen Music-on-Demand, Ruftonmelodien und Abonnementdiensten. Seitdem im Jahre 2001 die GEMA für diese Nutzungsformen Tarife veröffentlicht hat, wurden von Seiten der Lizenznehmer zahlreiche Schiedsstellenverfahren gegen die GEMA eröffnet mit dem Ziel, in diesen neuen Märkten den Kostenfaktor Urheberrecht zugunsten von Konzerngewinnen so niedrig wie möglich zu halten, Geschäfte also zu Lasten der Urheber zu machen.
Mit Genugtuung blickt die GEMA deshalb auf die Entscheidungen der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt vom 20. und 27. Februar 2006, wonach die Gesamtvertragsfähigkeit der Phonographischen Wirtschaft sowohl für Musiknutzungen Online, als auch für Ruftonmelodien verneint wird und damit die Verzögerungstaktik gegen zeitnahe Nutzungsmeldungen und Vergütungen durch Content-Provider für die Musikautoren zurückgewiesen wurde. Indessen hat die GEMA hier noch viele Auseinandersetzungen zu führen, um endlich im Online- und Mobilfunkbereich mit 12 % vom Endverbraucherpreis eine angemessene Vergütung für die Musikautoren am Markt zu realisieren.
Rundfunk und Fernsehen
Der Gesamtertrag der Direktion Rundfunk ist im Geschäftsjahr 2005 gegenüber dem Geschäftsjahr 2004 von EUR 229,5 Mio. um EUR 3,5 Mio. auf EUR 233,0 Mio. angestiegen. Dies entspricht einer Steigerung um 1,55 %.
Die Ertragslage ist somit stabil: Ein leichter Rückgang der Erträge im Lizenzbereich Privates Fernsehen um EUR 1,0 Mio. wird durch eine Steigerung der Erträge des Privaten Hörfunks in Höhe von EUR 1,5 Mio. kompensiert. Im Lizenzbereich Öffentlich-rechtlicher Rundfunk beträgt die Steigerung nur EUR 0,4 Mio.
Im Jahr 2005 haben die Erträge im Rundfunk/Fernsehen (bereinigt um die Inkassomandate) wieder das Niveau von 2001 erreicht. Das heißt, die Verluste, die die Musikautoren insbesondere aufgrund der rückläufigen Werbeeinnahmen in den zurückliegenden Jahren hinnehmen mussten, konnten abgeschwächt werden.
Die öffentlich-rechtlichen Sender profitierten im Geschäftsjahr 2005 von einer Erhöhung der Rundfunkgebühren um 0,88 Cent (von EUR 16,15 pro Monat und Haushalt auf EUR 17,03). Diese Steigerung der Einnahmen von ARD und ZDF wurde neben anderen Faktoren von der GEMA in ihren Verhandlungen für die neuen Ergänzungsverträge berücksichtigt, welche die Jahre 2005 bis 2008 umfassen.
Die Verhandlungen mit ARD und ZDF für eine neue Vertragsperiode ab 2005 stehen kurz vor dem Abschluss; aufgrund der Steigung der GEZ-Gebühren zum 01.04.2005 kann die GEMA ebenfalls mit einer Steigung der Einnahmen aus diesem Bereich rechnen.
Es ist eine Herausforderung für die GEMA, gemeinsam mit ihren Lizenzpartnern den Wert der musikalischen Kreativität im Rundfunk- und Fernsehbereich immer wieder neu zu überprüfen und die finanzielle Seite dieses Wertes durchzusetzen.
Gerade auch im privaten Rundfunk- und Fernsehmarkt muss die GEMA im Interesse ihrer Mitglieder darauf Wert legen, dass grundsätzlich alle Einnahmequellen als Grundlage der Vergütungsberechnung herangezogen werden. Deshalb konzentrierten sich die Verhandlungen mit den Rundfunkverbänden APR und VPRT im letzten Geschäftjahr auf die Frage, wie beispielsweise Bannerwerbung, Telefoneinnahmen und Einnahmen aus Gegenseitigkeitsgeschäften und Vermarktungsorganisationen in die Bemessungsgrundlage für die Regelvergütungen aufgenommen werden können. Es ist erfreulich, dass für diese Fragen entsprechende vertragliche Regelungen gefunden wurden, die sicherstellen, dass Musikautoren hier keine Verluste ihrer Einnahmen erleiden.
Die Erträge in der Sparte Internetradio haben sich im Berichtszeitraum ebenfalls erfreulich entwickelt: So konnte 2005 gegenüber dem Geschäftsjahr 2004 (EUR 175.000,-) eine Steigerung um 30,5 % auf EUR 229.000,- realisiert werden und das, obwohl die von der GEMA geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Kundenfreundlichkeit erst zum 1. April 2006 greifen werden. Dann wird die GEMA den Veranstaltern von Webradio die Möglichkeit anbieten, die notwendige Lizenz online zu erwerben. Unter diesen Umständen erscheint es realistisch, dass die Erträge aus dem Bereich Webradio weiterhin dynamisch steigen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Veranstaltung von Webradio in den wenigsten Fällen um eine kommerzielle, noch seltener um eine kommerziell erfolgreiche Aktivität handelt. Die Herausforderung für die GEMA liegt hier in der erfolgreichen Bewältigung einer massenhaften Musiknutzung in der Online-Welt. Der von der GEMA neu entwickelte Lizenzshop im Internet, der ab nächsten Monat den Kunden zur Verfügung steht, zeigt beispielhaft, wie die GEMA die neuen technischen Möglichkeit zur zeitgemäßen und effizienten Rechtewahrnehmung einsetzt.
Musikveranstalter
Aber auch in allen Bereichen der traditionellen Formen der Musiknutzung wie Live-Konzerte und Hintergrundmusik in Geschäften und Gastbetrieben muss die GEMA immer wieder neu für die berechtigten Ansprüche der Autoren den Blick schärfen und für eine angemessene Tarifgestaltung eintreten. Herausforderung ist hier die Marktdurchdringung in die Tiefe: Überall, wo in Deutschland öffentlich Musik erklingt, vom Vereinskonzert bis zur Tournee internationaler Megastars, muss die GEMA verlässlich für eine angemessene Entlohnung der Komponisten und Textautoren sorgen. Im Geschäftsjahr 2005 konnte Wachstum im Wesentlichen in den Sparten U (63.599 Mio. EUR) und M (115.678 Mio. EUR) erwirtschaftet werden. Die Sparte M beinhaltet Erträge aus der Tonträgerwiedergabe (einschließlich Wiedergabe in Diskotheken). In der Sparte U sind die Erträge aus der Lizenzierung von Live-Veranstaltungen mit Unterhaltungsmusik zusammengefasst.
Meine Damen und Herren, ich habe mir erlaubt, Ihnen das Zahlenwerk der GEMA-Bilanz 2005 etwas detaillierter vorzutragen, um einerseits deutlich zu machen, mit welcher Erfahrung, Verlässlichkeit und Akribie die GEMA für die Rechte der Musikautoren in Deutschland eintritt - und dabei auch recht erfolgreich ist -, ich wollte Ihnen aber auch vor Augen führten, wie schwierig das Geschäft geworden ist, bei einer permanenten Steigerung der Musiknutzungen in allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen marktgerechte Tarife zur Lizenzierung für die verstärkt nachgefragte Musik zu realisieren. Überblickt man die Entwicklungen der letzen Jahre, so zeichnet sich immer deutlicher ein für die Urheber beunruhigender und für unsere gesamtes Musikleben schädlicher Gegensatz ab: Massenhafte Nutzungen des geistigen Eigentums insbesondere durch neue Technologien rund um die Uhr, der Wert der musikalischen Kreativität scheint dabei aber in Vergessenheit zu geraten und wird zusehends von bestimmten interessierten Kreisen in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund muss dem individuellen Musikschöpfer, der etwas Originelles im Bereich der Musik erschafft, die Entlohnung seiner Arbeit buchstäblich als "Tropfen auf dem heißen Stein" erscheinen. Und es ist bedauerlich, dass die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa, die eigentlich zum Schutz der Rechte der Musikautoren beitragen sollten, diesen Gegensatz nicht mindern, sondern eher noch verschärfen.
II. Kritik an der Novelle zum Urheberrechtsgesetz (Korb 2)
Mit großer Sorge verfolgt die GEMA die Planungen der Bundesregierung zur Novellierung des Urheberrechtsgesetzes. Der unter "Korb 2" bekannte Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft sieht im Vergleich zur geltenden Gesetzeslage erhebliche Verschlechterungen für die Urheber vor, insbesondere im Bereich der Vergütungsansprüche für private Vervielfältigung.
Lassen Sie mich dies am Beispiel der Vergütungen für DVD-Brenner illustrieren. Nach den zu bekämpfenden Vorstellungen der Bundesregierung soll künftig die Summe der Vergütungsansprüche aller Berechtigten für einen Gerätetyp 5 % des Verkaufspreises nicht überschreiten. Diese 5 %-Regelung würde sich auf die Erträge der Zentralstelle für Private Überspielungsrechte (ZPÜ) für DVD-Brenner wie folgt negativ für die Autoren auswirken. Bei der bislang gesetzlich festgelegten Vergütungsregelung von EUR 9,21 pro Gerät hat die ZPÜ in 2005 für 6.185.540 in Deutschland produzierter oder nach Deutschland importierter DVD-Brenner einen Ertrag von 45.6 Mio. EUR erzielen können. Bei derselben Stückzahl von DVD-Brennern und einem Durchschnittspreis von ca. 85 EUR pro Brenner erhielte die ZPÜ künftig nach der 5 %-Regelung nur noch 26.4 Mio EUR, also nur ein wenig mehr als die Hälfte.
Anstatt von dem bewährten System der Vergütung für private Vervielfältigung abzurücken, anstatt die Vergütung der Urheber drastisch zu senken, muss endlich in Deutschland das politische Realität werden, was im Vergütungsbericht der Bundesregierung bereits im Jahr 2000 vorgeschlagen wurde: nämlich eine angemessene Erhöhung der Vergütungssätze im Bereich der privaten Vervielfältigung, die seit 1985 nicht mehr angepasst wurden. Durch diesen Verzug ist es in diesem Bereich bereits seit Jahrzehnten zu einem "Lohnstillstand" (Herta Däubler-Gmelin) für die Urheber gekommen.
Von der gesetzlichen Möglichkeit der privaten Vervielfältigung profitiert der Markt für den Vertrieb von Geräten und Speichermedien erheblich. Dieser Zusammenhang wird von der Bundesregierung übersehen, wenn nunmehr das Interesse der Hersteller an der Erzielung eines wirtschaftlichen Gewinns höher bewertet werden soll als der Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung.
Die GEMA weist daher die geplanten Neuregelungen und die drohenden negativen Auswirkungen für die Urheber zurück und fordert die Bundesjustizministerin und die Bundesregierung mit Nachdruck dazu auf, von der Benachteilung der kreativen Menschen abzurücken.
Insbesondere kritisiert die GEMA gemeinsam mit den Verwertungsgesellschaften VG Wort, VG Bild-Kunst und GVL neben der 5 %-Regelung, dass es bei der Bestimmung der Vergütungshöhe künftig darauf ankommen soll, ob die Vergütung die Herstellung von Geräten und Speichermedien unzumutbar beeinträchtigt und dass die Vergütungen künftig nicht mehr durch den Gesetzgeber, sondern durch die Verwertungsgesellschaften sowie die Hersteller von Geräten und Speichermedien selbst festgelegt werden.
Aufgrund der Regelungen des Referentenentwurfs und seit wenigen Tagen des Regierungsentwurfs ist zu befürchten, dass der Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung für die private Vervielfältigung künftig sowohl der Höhe nach gefährdet als auch in seiner Durchsetzung erheblich erschwert wird. Mit dem Entwurf werden urheberfremde Kriterien zur Bestimmung der Vergütungshöhe eingeführt, die zu dem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung gegenläufig sind und diesen aushöhlen. Wenn nach der Neuregelung auf die Zumutbarkeit der Vergütung für den Hersteller abzustellen ist, so bedeutet dies, dass eine neue Obergrenze für die Vergütungshöhe eingeführt werden soll, die weit unter dem bisherigen Niveau liegen wird und dass das urheberrechtliche Prinzip der Angemessenheit über Bord geworfen wird.
Die in der GEMA zusammengeschlossen Musikautoren und -verleger können sich bei der Diskussion um "Korb 2" des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bundesregierung den Lobbyisten der Herstellerindustrie mehr Gehör schenkt als den musikalisch kreativen Menschen, die mit ihrer Arbeit ja erst alle weiteren Stufen der Wertschöpfungskette im Musikgeschäft ermöglichen. Auch hier muss die GEMA beklagen, dass die Wirtschaftmacht von Herstellerfirmen offenkundig mehr Gewicht hat als der Auftrag des Staates, das geistige Eigentum zu schützen. Wir werden in den nächsten Wochen alles daran setzen, um dieser politisch-wirtschaftlichen Koalition gegen den Musikurheber entgegenzutreten und die geplante Enteignung der Autoren zu verhindern.
III. GEMA weist Forderung der EU-Wettbewerbskommission zurück
Nicht nur in Deutschland, auch auf europäischer Ebene werden aktuell Argumente des Marktes gegen das kulturelle Gut des Schutzes des geistigen Eigentums ins Feld geführt und damit kulturelle Errungenschaften in allen europäischen Ländern gefährdet. In diesen Kontext gehören die jüngst von der EU-Kommission gegen die GEMA und andere europäische Verwertungsgesellschaften erhobenen Vorwürfe zur Praxis der kollektiven Rechtewahrnehmung.
Die Europäische Kommission hat der CISAC, dem Weltdachverband der Verwertungsgesellschaften, sowie der GEMA und allen anderen Verwertungsgesellschaften für Musikrechte aus Ländern der EU bzw. des EWR Anfang Februar eine Mitteilung von Beschwerdepunkten (Statement of Objections) übersandt. Diese Mitteilung richtet sich zum einen gegen Bedingungen für den Abschluss von Berechtigungsverträgen zwischen der GEMA und Wahrnehmungsberechtigten mit Staatsangehörigkeit von EU- bzw. EWR-Staaten. Weiterhin kritisiert die EU-Kommission die Gegenseitigkeitsverträge, die die GEMA mit anderen Verwertungsgesellschaften in EU- bzw. EWR-Staaten geschlossen hat, soweit diese Verträge für die Bereiche der Satellitensendung, der Kabelweiterverbreitung und der Online-Nutzungen eine exklusive und territorial beschränkte Rechteübertragung an andere Verwertungsgesellschaften vorsehen. Die Kommission sieht in den Mitgliedschafts- und Gebietsbeschränkungen Verstöße gegen das europäische Kartellverbot. Als Konsequenzen hat die Kommission angedroht, die Praktizierung der beanstandeten Verhaltensweisen zu untersagen und Geldbußen gegen die betroffenen Verwertungsgesellschaften festzusetzen.
Die GEMA weist die Vorwürfe des EU-Papiers als unbegründet zurück. Die von der Kommission kritisierten vermeintlichen Mitgliedschaftsbeschränkungen in den Gegenseitigkeitsverträgen existieren in der Praxis der GEMA nicht. Soweit die Gegenseitigkeitsverträge eine jeweils territorial beschränkte Rechteeinräumung vorsehen - jede Gesellschaft räumt der anderen ihr Repertoire jeweils für das Gebiet der anderen Gesellschaft ein - ist dies auch in den Bereichen Satellitensendung, Kabelweiterverbreitung und Online weiterhin sachlich begründet und wettbewerbsrechtlich konform. Deshalb ist auch die Bußgeldandrohung vollkommen überraschend und nicht gerechtfertigt.
Dies wird die GEMA in ihrer detaillierten Antwort an die Kommission darlegen.