Magazin / 17. Juni 2024

Alexa Feser: „Es ist wichtig, dass wir uns durch KI nicht relativieren lassen“

Alexa Feser sitzt auf einem roten Kinosessel
Foto: Katharina Schmidt

Sängerin und Songwriterin Alexa Feser hat für ihr neues Album „Kino“, genauer gesagt ihren Song „Kaiserschnitt“, ein Feature mit einer Künstlichen Intelligenz aufgenommen. Im Interview spricht sie mit uns über die Möglichkeiten und Schattenseiten Künstlicher Intelligenz und verrät uns ihre ideale Vorstellung von einer Zukunft mit KI.

Liebe Alexa, du hast schon viel mit KI gearbeitet. Welche Möglichkeiten ergeben sich deiner Meinung nach durch ihren Einsatz?

Rein technisch ist da wirklich so gut wie alles möglich und auch, wenn viele das vielleicht anders sehen, ist das für mich okay. Auf jeden Fall ist sie schon jetzt in jedem Bereich der Musikproduktion eine absolute Hilfestellung, sei es beim Festhalten von Ideen oder wie in meinem Fall beim Generieren einer Stimme. 

Ich finde es aber ganz wichtig, dass wir uns dadurch nicht relativieren lassen. Es geht nämlich gar nicht um Perfektion oder darum, dass etwas so gut wie möglich abgebildet wird. Es geht um eine bestimmte Art der Abbildung, die Emotionalität in sich tragen muss. Das wird nicht ersetzbar sein. Es gibt einen Grund, warum ein Hit zum Hit wird und warum manche Stimmen uns bis ins Mark und Bein erschüttern. Es liegt eine tiefe Schönheit darin, dass Menschen authentische, unverfälschte Stimmen hören wollen – Stimmen, die ihre ureigene Einzigartigkeit bewahren und vielleicht gerade durch ihre Unvollkommenheit berühren. 

In welchen Bereichen siehst du den Einsatz von KI kritisch? Gibt es etwas, das dich stört?

Ich denke, ich verstehe das Handwerk des Singens in seiner Tiefe. Ich kann mich an ein Instrument setzen und sowohl singen als auch spielen, wobei meine Fähigkeiten das Ergebnis jahrelanger Übung und Hingabe sind. Der technische Fortschritt eröffnet jedoch nun auch Menschen ohne diese umfassende Ausbildung die Möglichkeit, mit KI zu arbeiten. Einerseits ist dies erfreulich, da es einer breiteren Masse den Zugang zur Musikproduktion ermöglicht und kreatives Potenzial freisetzt. Andererseits verwässert diese Demokratisierung die Unterscheidung zwischen echten Könnern ihres Fachs und solchen, die lediglich von der Technologie profitieren. Für mich persönlich bleibt die Beherrschung des Handwerks ein zentrales Kriterium, um die Qualität und Authentizität von Musikerinnen und Musikern zu beurteilen.

Zusätzlich stellt sich die Frage nach den sozialen und beruflichen Konsequenzen dieser Entwicklung. Im Extremfall könnten einige Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeitsplätze verlieren oder ihre Tätigkeit nicht mehr in der bisherigen Form ausüben. Diese potenziellen Verluste werfen ein bedenkliches Licht auf die fortschreitende Technologisierung in der Kunstwelt.

Es gilt, eine Balance zu finden, die sowohl den technischen Fortschritt als auch die bewährten Fähigkeiten und das Fachwissen traditioneller Musikerinnen und Musiker würdigt und schützt.
 

Alexa Feser sitzt auf einem Kinosessel
„Die Zukunft liegt nicht in der Nachahmung unserer emotionalen Fähigkeiten durch KI“ – Alexa Feser

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Wie sieht für dich eine ideale Welt in Hinblick auf KI aus? 

In der Diskussion um die Rolle der KI in unserer Gesellschaft wird oft übersehen, dass das Menschliche weiterhin eine zentrale Bedeutung behalten muss. Es bedarf einer menschlichen Instanz, an die die KI gebunden ist. Doch wir sollten uns fragen: Warum konzentrieren wir uns gerade darauf, eine KI zu schaffen, die emotionale Aspekte unseres Seins imitiert und repliziert? Die menschliche Stimme ist ein tief verwurzeltes, ureigenes Merkmal unseres Wesens. Sie ist Ausdruck unserer Identität und Emotionen. Angesichts dessen scheint es paradox, dass wir Technologie dazu nutzen, diese Intimität nachzuahmen, anstatt sie zu bewahren. Ich fände es noch sinnvoller, KI und Robotik verstärkt für körperliche Arbeiten einzusetzen. Statt zu versuchen, die Essenz des Menschlichen zu ersetzen, sollten wir uns auf die Entlastung des Menschen von schweren und belastenden Aufgaben konzentrieren. Die Zukunft liegt nicht in der Nachahmung unserer emotionalen Fähigkeiten durch KI, sondern in der intelligenten Anwendung von Robotik zur körperlichen Entlastung. So könnte der Mensch sich auf das konzentrieren, was ihn wirklich ausmacht: Kreativität, Empathie und geistige Entwicklung.


Biografie:

Alexa Feser, geboren am 30. Dezember 1979 in Wiesbaden, ist eine deutsche Sängerin und Songwriterin. Der Durchbruch gelang ihr mit ihrem Album „Gold von Morgen“ im Jahr 2014. Mit ihren folgenden Alben etablierte sie sich als eine der talentiertesten und innovativsten Künstlerinnen in der deutschen Musikszene. Auf ihrem neuestem Album experimentiert sie auf einem Song mit einer KI-Stimme. Das Lied „Kaiserschnitt“ ist ein faszinierendes Beispiel für die Verschmelzung von Musik und Technologie.

Fotocredits: Katharina Schmidt

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Musikvideo „Kaiserschnitt“