Die Corona-Pandemie hat unsere Gesellschaft seit Monaten fest im Griff. Die daraus resultierenden Herausforderungen und Auswirkungen sind enorm, für jeden Einzelnen ebenso wie für Unternehmen und Institutionen, mit vielfach noch unabsehbaren Folgen. In ganz besonderem Maße betroffen ist von den Einschränkungen nach wie vor die Kultur- und Musikbranche. Die flächendeckenden Absagen von Musikveranstaltungen und Schließungen kultureller Einrichtungen sind für viele Musikschaffende existenzgefährdend. Für Aufsichtsrat und Vorstand der GEMA war deshalb schnell klar, dass die GEMA solidarisch handelt und ihre besonders betroffenen Mitglieder in dieser Ausnahmesituation wirtschaftlich unterstützt – schnell und unbürokratisch. Bereits Mitte März haben Aufsichtsrat und Vorstand ein umfassendes Hilfspaket für GEMA-Mitglieder beschlossen. Der „Schutzschirm Live“ richtet sich vorrangig an Komponisten und Textdichter, die zugleich als Performer auftreten und aufgrund von flächendeckenden Veranstaltungsabsagen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Sie können eine Vorauszahlung auf ihre künftigen Ausschüttungen in den Live- und Wiedergabesparten erhalten. Diese finanzielle Unterstützung ist rückzahlbar und wird ab 2022 sukzessive mit dann anstehenden Ausschüttungen verrechnet, wobei – dies war dem Aufsichtsrat wichtig – auch individuelle Stundungsabreden möglich sein werden.
Darüber hinaus haben in wirtschaftliche Härten geratene GEMA-Mitglieder individuell finanzielle Übergangshilfen erhalten, sparten- und aufkommensunabhängig und nicht rückzahlbar aus einem Hilfsfonds aus den Mitteln für soziale und kulturelle Förderung. Damit wurden Komponisten, Textdichter und Musikverleger unterstützt, die von der Corona-Pandemie außergewöhnlich stark betroffen sind und deren Härtefall nicht über sonstige Unterstützungsleistungen ausgeglichen werden konnte. Nach annähernd 3.000 Soforthilfe-Zahlungen sind die Mittel aus diesem Fonds, der zuletzt nur noch selten in Anspruch genommen wurde, zwischenzeitlich erschöpft.
So konnte in kurzer Zeit eine praktikable Hilfslösung für in Not geratene Mitglieder angeboten und unbürokratisch umgesetzt werden. Viele Mitglieder haben sich bei ihren Vertretern im Aufsichtsrat gemeldet, häufig mit der kurzen Botschaft: Danke GEMA, dass Ihr in dieser beispiellosen Krise an uns denkt! Auch ihren Kunden gegenüber hat die GEMA schnell und kulant reagiert: Ab dem 16. März wurden für den Zeitraum der behördlich angeordneten Schließung Verträge automatisch ausgesetzt.
Die umfassenden Hilfsmaßnahmen der GEMA haben über die Mitgliedschaft hinaus ein überaus positives Echo gefunden. So haben mehrere ausländische Schwestergesellschaften der GEMA sich das Konzept zum Vorbild genommen und in ihren Ländern ähnliche Programme eingerichtet. Seitens der Politik hat ebenfalls Beachtung gefunden, was die GEMA zur Unterstützung ihrer Mitglieder initiiert hat. Zwischenzeitlich sind staatliche Hilfsprogramme aufgelegt worden, die auch Kreativschaffenden zugute kommen. Mit der Einrichtung eines Infrastrukturfonds sollen darüber hinaus gezielt Kultureinrichtungen in die Lage versetzt werden, so schnell wie möglich wieder den Betrieb aufzunehmen. Beispielsweise stehen für Livemusikstätten, -festivals, -veranstalter und -vermittler Gelder zur Verfügung für die Umsetzung von Hygienekonzepten, die Einrichtung von Online-Ticketing-Systemen oder die Modernisierung von Belüftungssystemen. Von einer möglichst raschen Wiedereröffnung der Spielstätten profitieren Kreative mittelbar, indem Auftrittsmöglichkeiten geschaffen und Honorare und Lizenzen bezahlt werden können.
Die Zusagen des Bundes und der Landesregierungen, der Kultur- und Kreativwirtschaft umfassend zu helfen, sieht der Aufsichtsrat als ein wichtiges Signal für eine starke, vielfältige und lebendige Musiklandschaft. Doch auch wenn mit einer solchen Förderung von Infrastrukturen die besondere gesellschaftliche Rolle der Kultur gewürdigt wird, halten Aufsichtsrat und Vorstand es für angebracht und erforderlich, dass Kreative – vielfach freischaffende Selbständige – außerdem unmittelbar unterstützt und gefördert werden, so durch gezielte Ausfallentschädigungen. Die GEMA wird, wie schon seit Beginn der Krise, in intensivem Kontakt mit politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen (Bund, Länder, Europa) bleiben, um auf Hilfsmaßnahmen dieser Art für Künstler und Kreative hinzuwirken. Dazu gibt es eine enge Abstimmung mit weiteren Institutionen der Kultur-, Kreativ- und Medienlandschaft und deren Verbänden, so dass die GEMA nicht allein steht, wenn es darum geht, auf die dramatischen Einbußen der Kreativschaffenden aufmerksam zu machen. Denn die Kultur- und Kreativwirtschaft, und darin eingeschlossen die Musikwirtschaft, ist nicht nur einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren des Landes, sondern auch ein Treiber kreativer Prozesse mit Auswirkungen auf das gesamte gesellschaftliche und Wirtschaftsleben. Damit dieses System nicht in seiner Gesamtheit existenziell gefährdet wird, sind perspektivische Lösungen erforderlich.
Die GEMA selbst konnte mit ihren kurzfristigen Hilfsmaßnahmen in erster Linie den Mitgliedern unter die Arme greifen, die einen Großteil ihres Lebensunterhalts mit Liveauftritten erzielen und deshalb von den Veranstaltungsabsagen besonders hart getroffen sind. Viele Musikautoren werden, dies ist absehbar, den Einbruch im Veranstaltungsmarkt und teilweise auch bei Aufträgen im kommenden Jahr in ihren Ausschüttungen zu spüren bekommen. Aufsichtsrat und Vorstand der GEMA arbeiten daher bereits intensiv an einem Konzept, um diejenigen Mitglieder, die im nächsten Jahr die wirtschaftlichen Auswirkungen besonders treffen, dann bestmöglich unterstützen und finanzielle Härten für sie abfedern zu können.
Mehr noch als sonst sind in diesem Jahr die Ausschüttungen der GEMA als verlässliche Einnahmequelle für viele Musikurheber von Bedeutung. Positiv wirkt sich dabei das gute Geschäftsjahr 2019 aus, dessen Abschlussbericht dem Aufsichtsrat im März 2020 vorlag. Von den Erträgen in Höhe von 1.069,4 Millionen Euro werden in diesem Jahr insgesamt 905,6 Millionen Euro an die Mitglieder sowie Rechteinhaber in aller Welt ausgeschüttet. Der Anstieg der Gesamterträge um rund 50 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr resultiert im Wesentlichen aus dem Online-Bereich. Besonders positiv wirkten sich dabei neue Vertragsabschlüsse mit Internet- und Streamingdiensten aus. Den größten Beitrag zum Geschäftsergebnis leisteten aber erneut die Erträge aus Musikveranstaltungen, die aufgrund eines starken Konzertjahres 2019 um knapp fünf Prozent stiegen auf 407,4 Millionen Euro. Da ein Großteil der GEMA-Mitglieder im Bereich Live und Wiedergabe Tantiemen erhält, lag auf dem Ausschüttungstermin zum 1. Juni in diesem Jahr besonderes Augenmerk. Die Verteilungssumme ist im Vergleich zum Vorjahrestermin deutlich gestiegen, sowohl in der Spartengruppe E als auch im Unterhaltungsmusik-Bereich. Die erhöhten Verteilungssummen basieren zudem darauf, dass der Aufsichtsrat – bereits im Hinblick auch auf die Corona-Pandemie – im März beschlossen hat, dass die Hauptausschüttung in diesem Jahr einmalig an zwei Terminen (außer zum 1. Juni auch zum 1. November) erfolgt. Ausnahmsweise sollen bei beiden Ausschüttungen auch Veranstaltungen berücksichtigt werden, die im Vorjahr stattgefunden haben, aber erst im Jahr 2020 lizenziert wurden. Da das Gesamtergebnis für das Geschäftsjahr 2019 im Aufführungs- und Wiedergabebereich erst mit der zweiten Ausschüttung feststeht, beginnt die Reklamationsfrist für deren Sparten in diesem Jahr einmalig am 1. November. Eventuelle Reklamationen sollten also auch erst ab diesem Zeitpunkt eingereicht werden, eine frühere Bearbeitung wird nicht möglich sein.
Für 2020 war mit Erträgen in ähnlicher Höhe wie im Vorjahr geplant, und damit auch mit einer Verteilungssumme 2021 in annähernd gleichbleibender Höhe. Um wieviel geringer die Erträge angesichts der Situation im laufenden Jahr – und damit die Ausschüttungen in 2021 – ausfallen werden, ist bisher nicht abschätzbar – eine Reihe von Faktoren spielen eine Rolle, von denen viele derzeit noch unklar sind. Auf jeden Fall wird die GEMA auch alle Kostenpositionen überprüfen und versuchen, mit verschiedenen Maßnahmen ihr Aufwandsvolumen zu reduzieren. Voraussetzung ist dabei selbstverständlich, dass die Lizenzierungs- und Ausschüttungsfähigkeit der GEMA jederzeit garantiert ist, und auch wichtige Projekte für die Zukunftsfähigkeit der GEMA gilt es, weiter voranzutreiben. Hilfreich ist dabei, dass es gelungen ist, innerhalb der GEMA im März binnen weniger Tage weitgehend auf digital vernetztes Arbeiten umzustellen. Die Aufgaben können auch im dezentralen Modus nahezu reibungslos wahrgenommen werden, wie unter anderem der gewohnt zuverlässige Ablauf der Ausschüttungen in den letzten Monaten gezeigt hat.
Auf die Veranstaltungsplanung der GEMA wirkt sich die Pandemie ebenfalls aus: Die Mitgliederversammlung konnte nicht wie ursprünglich geplant Mitte Mai stattfinden, und zum neuen Termin vom 29. September bis 1. Oktober 2020 wird sie erstmals als rein virtuelle Versammlung durchgeführt. Diese Entscheidung haben Aufsichtsrat und Vorstand, dem Beispiel vieler anderer Organisationen folgend, im Juni nach sorgfältiger Abwägung und unter Berücksichtigung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen und behördlichen Vorgaben getroffen. Für Aufsichtsrat und Vorstand ist es unabdingbar, dass auch in dieser Form der Durchführung – die mit hohem organisatorischem und technischem Aufwand verbunden ist – sichergestellt werden kann, dass die Mitwirkungsrechte der Mitglieder in angemessenem Umfang gewährleistet sind. So werden die Mitglieder nicht nur – wie bisher schon bei Präsenzversammlungen – per E-Voting und Live-Stream teilhaben, sondern in den Versammlungen, die in der gewohnten Struktur stattfinden, auch live mitdiskutieren und abstimmen können. Dazu werden vorab umfassende Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt, zudem ist im Vorfeld der Mitgliederversammlung eine virtuelle Informationsveranstaltung vorgesehen, in der der Ablauf der Mitgliederversammlung erläutert wird und Fragen dazu gestellt werden können. Dies betrifft dann auch den Inhalt der Tagesordnung, die wie üblich fünf Wochen vor der Versammlung auf der GEMA-Website abrufbar sein wird. Mehrere Anträge, über die die Mitgliederversammlung zu entscheiden haben wird, haben Aufsichtsrat und Vorstand in ihren letzten Sitzungen vorbereitet, darunter einen Vorschlag für eine Neuregelung der Mitgliedschaftsformen, Klarstellungen im Regelwerk zur Leistungsbeziehung zwischen der GEMA und den Verlagen, eine Aktualisierung des Berechtigungsvertrags in Bezug auf Onlinerechte aufgrund der EU-Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt sowie, anknüpfend an Anträge aus den beiden letzten Mitgliederversammlungen, einen Regelungsvorschlag zur Regelmäßigkeit der Ausstrahlung im Rundfunkbereich. Insgesamt haben Aufsichtsrat und Vorstand aber entschieden, zur kommenden Mitgliederversammlung weniger Anträge als in anderen Jahren vorzulegen und einige der vorgesehenen Regelwerks-Anpassungen in Satzung, Berechtigungsvertrag, Verteilungsplan und Geschäftsordnungen bis zur Mitgliederversammlung 2021 – die vom 8. bis 10. Juni in München stattfinden wird – zurückzustellen.
Ausgesprochen bedauerlich ist es aus Sicht des Aufsichtsrats, dass in diesem Jahr im Rahmen der Mitgliederversammlung kein Austausch der Mitglieder untereinander im sonst gewohnten Maße möglich sein wird. So muss dieses Mal auf Veranstaltungen, die in anderen Jahren fester Bestandteil im Umfeld der Mitgliederversammlung sind, verzichtet werden, insbesondere auf das Mitgliederfest. Auch Preisverleihungen wie die des Fred Jay Preises und des Radiokulturpreises werden nicht während der Mitgliederversammlung stattfinden können.
Für die Arbeitsweise des Aufsichtsrats haben die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen ebenfalls Konsequenzen: Seit Mitte März finden seine Sitzungen und die seiner Gremien per Videokonferenz statt. Situationsbedingte Themen wie die Vorbereitung der virtuellen Mitgliederversammlung und Unterstützungsmöglichkeiten für die Mitglieder nahmen dabei wie skizziert breiten Raum ein, doch das Spektrum reicht auch in diesen Monaten weit darüber hinaus. So befasst sich der Aufsichtsrat regelmäßig mit der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit ICE, dem Gemeinschaftsunternehmen der GEMA und ihrer englischen und schwedischen Schwestergesellschaften PRS und STIM. Unter dem Dach von ICE fließen die Dokumentation von Urheberrechten, die Lizenzierung digitaler Musikanbieter und die Verarbeitung von digitalen Nutzungsmeldungen zusammen. Seit 2016 bietet ICE Musiknutzern das Online-Repertoire von GEMA, PRS und STIM europaweit aus einer Hand an, digitale Musikdienste erwerben dafür von ICE eine gebietsübergreifende Lizenz für das Gesamtrepertoire der drei Partner. ICE ermöglicht so Online-Plattformen, die von der Musiknutzung profitieren, eine einfache Lizenzierung und unterstützt die effiziente Ausschüttung der Tantiemen an Komponisten, Textdichter und Verlage. ICE soll in Zukunft auch Werke, audiovisuelle Produktionen und Verlagsvereinbarungen für die GEMA dokumentieren, so dass die GEMA an einer gemeinsamen Dokumentation partizipieren wird, die von mehreren Verwertungsgesellschaften in Europa verwendet wird.
ICE selbst führt derzeit verschiedene Projekte zur Erneuerung seines Dokumentationssystems durch. Herz dieser Erneuerung ist ein Projekt zur Ablösung der bestehenden Datenbank durch ein modernes, Cloud-basiertes Dokumentationssystem für alle ICE-Kunden. Da dessen Einführung viele der fachlichen und technischen Ressourcen bei ICE bindet, haben die GEMA und ICE gemeinsam beschlossen, dass im Jahr 2020 die Fertigstellung dieses Systems Vorrang gegenüber demjenigen Projekt haben soll, mit dem die GEMA der ICE-Dokumentation beitritt. Aufsichtsrat und Vorstand drängen aber darauf, dass die ICE-Dokumentationsplattform möglichst bald zum Abschluss gebracht wird, damit ab 2021 der Wechsel der GEMA-Dokumentation in das ICE-System erneut in Angriff genommen werden kann. Bis zu dessen Realisierung ändert sich für die GEMA-Mitglieder bezüglich der Dokumentation ihrer Werke und Vereinbarungen noch nichts.
Über eine weitere Unternehmensbeteiligung der GEMA, erworben Ende 2019, lässt sich der Aufsichtsrat ebenfalls laufend informieren: die an der Zebralution GmbH, einem innovativen und wirtschaftlich erfolgreichen Digitalvertrieb in der Musikwirtschaft mit Sitz in Berlin. Zebralution, gegründet 2004, agiert weiterhin als eigenständiges Unternehmen unter dem Dach der GEMA. Gemeinsam sollen zeitgemäße Services des digitalen Musikvertriebs aufgebaut werden. Diese und weitere Initiativen werden regelmäßig von Aufsichtsrat und Vorstand diskutiert, mit dem Ziel, den Mitgliedern der GEMA, aber auch anderen Interessierten im In- und Ausland, künftig ein erweitertes und verbessertes Dienstleistungsangebot unterbreiten zu können. Ein weiteres Beispiel ist das Mitglieder-Dashboard, das die zentrale digitale Informationsquelle der Mitglieder zu ihren GEMA-Daten werden soll und ihnen bereits jetzt verschiedene Nutzungs- und Vergütungsauswertungen ermöglicht. Die Digitalisierung der GEMA voranzutreiben, gerade im Kontakt zu ihren Mitgliedern, ist ebenso ein wesentlicher Teil der langfristigen Planung der GEMA wie ihr Wachstum entlang der Wertschöpfungskette. Aufsichtsrat und Vorstand sind überzeugt, dass diese Aktivitäten unabdingbar sind, aber auch weitere Felder angegangen werden müssen, damit die GEMA die vielfältigen Herausforderungen – zu denen ein verändertes Musik-Konsumverhalten ebenso gehört wie ein neuer Wettbewerb um Rechte und Lizenznehmer oder die rasant wachsenden Datenmengen – bewältigen und langfristig weiter im Interesse ihrer Mitglieder agieren kann.