Das vorherrschende Thema 2017 war für die GEMA die Verlegerbeteiligung. Auch in der letzten Aufsichtsratssitzung des Jahres stand es wieder weit oben auf der Agenda – als Rückblick und als Ausblick. Nach dem Urteil des Berliner Kammergerichts vom November 2016, dass die GEMA nicht berechtigt sei, ihre Musikverleger automatisch an den Ausschüttungen auf Nutzungsrechte und gesetzliche Vergütungsansprüche nach dem Verteilungsplan der GEMA zu beteiligen, hatte die GEMA gleich Anfang Februar 2017 ein einheitliches Online-Verfahren – das sogenannte Elektronische Bestätigungsverfahren (EBV) – ins Leben gerufen, das die erforderlich gewordenen Bestätigungen über die Rechtsbeziehungen der Verlage zu ihren Urhebern und der vereinbarten Verlegerbeteiligung vereinfacht. Aufsichtsrat und Vorstand ist selbstverständlich bewusst, dass damit dennoch eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten verbunden ist und sich für viele Mitglieder – Verleger ebenso wie Urheber –teilweise erhebliche Belastungen ergeben haben. Dies sollte aber nach Auffassung des Aufsichtsrats nicht den Blick verstellen auf die bemerkenswerten Vorzüge dieses strukturierten Verfahrens, das die GEMA völlig neu entwickelt hat. Zudem hatte die GEMA durch intensive Aktivitäten im politischen Raum bereits kurzfristig nach dem Urteil erreicht, dass das bewährte Prinzip der anteiligen Beteiligung von Urhebern und Verlegern an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aus Nutzungsrechten für die Zukunft auf eine rechtssichere Grundlage gestellt wurde – eine Novelle des Verwertungsgesellschaftengesetzes, in der dies geregelt ist, war noch am 24. Dezember 2016 in Kraft getreten.
Die im EBV zu einem Werk gemachten Angaben zur Verlegerbeteiligung bilden die Basis für die Beteiligung des Verlegers in der Vergangenheit und in der Zukunft. Im Oktober 2017 hatte der Aufsichtsrat beschlossen, die Frist, bis zu der für die Verlage die Möglichkeit besteht, per EBV die für ihre Beteiligung erforderlichen Informationen und Dokumente an die GEMA zu übermitteln, über den 1. Dezember 2017 hinaus zu verlängern und dafür eine Nachfrist bis zum 13. Januar 2018 einzuräumen. In diesem Fall verzögert sich der Versand der Registrierungsbestätigungen mit den im EBV übermittelten Angaben zu einem Werk an die jeweils daran beteiligten Verlage und Urheber entsprechend. Für Verlage endet die Frist für einen darauf möglichen Widerspruch generell am 31. März 2018, Urhebern bleibt in jedem Fall eine Widerspruchsfrist von drei Monaten nach Zugang der Registrierungsbestätigung. Allerdings wird bei Eingang eines Widerspruchs nach dem 31. März 2018 keine unmittelbare Berücksichtigung im Rückabwicklungsverfahren mehr möglich sein, für davon betroffene Autoren soll aber eine ergänzende Reklamationsregelung vorgesehen werden.
Auf Grundlage der Rückmeldungen aus dem EBV sind die zwischen dem 1. Juli 2012 und dem 24. Dezember 2016 von der GEMA unter Vorbehalt erfolgten Ausschüttungen an Verlage neu zu berechnen und ggf. zu korrigieren (Rückabwicklung). Soweit keine Bestätigung der Verlegerbeteiligung erfolgt, werden die entsprechenden Ausschüttungsbeträge von den Verlagen zurückgefordert und an die jeweiligen Autoren ausgeschüttet. Der Aufwand ist enorm angesichts der massenhaft zu verarbeitenden Daten. Die dabei ermittelten Rückforderungen und Gutschriften sollen den Mitgliedskonten gemäß Beschluss der Mitgliederversammlung 2017 im 2. Halbjahr 2018 belastet bzw. gutgeschrieben werden. Mit Einzelheiten des Rückabwicklungsverfahrens wird sich voraussichtlich auch die kommende Mitgliederversammlung vom 15. bis 17. Mai 2018 in Berlin zu befassen haben.
Dort werden Aufsichtsrat und Vorstand außerdem, entsprechend dem Auftrag aus der Mitgliederversammlung 2017, einen Vorschlag für die Verteilung der von YouTube für den Zeitraum von April 2009 bis Oktober 2016 erhaltenen Beträge sowie einen Regelungsvorschlag für die Verteilung sonstiger von YouTube und vergleichbaren Onlineplattformen erzielter Einnahmen zur Abstimmung stellen. Die vom Aufsichtsrat mit der Vorbereitung eines entsprechenden Antrags beauftragte Arbeitsgruppe konnte detaillierte Arbeitsergebnisse und Regelungsvorschläge präsentieren. Da sich gezeigt hat, dass die breitgefächerten Nutzungen nicht unter die vorhandenen Online-Sparten subsumierbar sind, ist nun die Bildung darauf zugeschnittener neuer Verteilungssparten (GOP und GOP VR - Streaming auf Gemischten Online-Plattformen) vorgesehen.
Für den Zeitraum bis jedenfalls Oktober 2016 reichen weder die Quantität noch die Qualität der von YouTube übermittelten Nutzungsdaten aus, um eine Direktverteilung der entsprechenden Einnahmen vorzunehmen, so dass eine Zuschlagsverteilung erforderlich wird. Dabei soll auch die ansteigende Nutzungsintensität auf YouTube in den Jahren 2009 bis 2016 abgebildet und berücksichtigt werden, dass bestimmte Sachverhalte vom Vertragsumfang mit YouTube nicht umfasst sind, zum Beispiel dass bestimmte Berechtigte der GEMA für bestimmte Zeiträume die Online-Rechte nicht übertragen haben. Für Werke, die in diesem Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich auf YouTube genutzt wurden (sogenannte YouTube-Stars), soll zudem ein Kompensationsfonds eingerichtet werden. Wann eine Beteiligung daran erfolgen kann, wird klar geregelt. Über den Ausschüttungstermin für die Zuschlagsverteilung wird der Aufsichtsrat noch gesondert beschließen, da die Rückabwicklung der Verlegerbeteiligung auch Auswirkungen auf die Verteilung der von YouTube rückwirkend erhaltenen Beträge hat.
Für auf den Zeitraum nach Vertragsabschluss mit YouTube entfallende Einnahmen sowie für die von vergleichbaren Online-Plattformen soll ein zweistufiges Verteilungsmodell angewendet werden mit einer Kombination aus einer Verteilung auf Basis der verwertbaren Nutzungsmeldungen und einer Zuschlagsverteilung. Das Verhältnis der beiden Teile soll durch den Aufsichtsrat anhand aktueller empirischer Daten bestimmt werden. Aus entsprechenden Quellen konnten übergreifend wertvolle Erkenntnisse für die Überlegungen gewonnen werden, so zur Entwicklung der Werknutzungsintensität auf YouTube in den Jahren 2009 bis 2016 oder zum aktuellen Musikanteil bei YouTube-Nutzungen.
Die Verteilungsplanregelung, wie sie Aufsichtsrat und Vorstand – nach weiterer Prüfung von Einzelfragen – der Mitgliederversammlung vorschlagen werden, hat vorrangig zum Ziel, die derzeit bekannten Sachverhaltskonstellationen abzudecken. Im hochdynamischen Online-Umfeld ist aber eine fortlaufende Beobachtung erforderlich, die Folgeanpassungen und Nachjustierungen des Regelwerks nach sich ziehen wird. Derzeit absehbar sind beispielsweise Entwicklungen im Bereich der Qualität der Nutzungsmeldungen und der von diesen Meldungen insgesamt abgedeckten Quote. Auch die Lizenzierungsbedingungen mit neuen Online-Plattformen können Änderungen des Regelwerks auslösen. Langfristig wird aber eine Verteilung angestrebt, die auf Nutzungsdaten basiert – sobald die Datenqualität dies erlaubt.
Um die Thematik und den konkreten Antrag bereits vor der Mitgliederversammlung umfassend erörtern zu können, werden – wie in früheren Jahren zu verschiedenen Verteilungsthemen – für Februar Informationsveranstaltungen für Mitglieder an mehreren Orten geplant. Auf der GEMA-Webseite wird über die Termine informiert und der Sachverhalt, wenn alle Einzelfragen abgestimmt sind, umfassend dargestellt werden.
In der Sitzung des Aufsichtsrats wurden, vorbereitet von Satzungskommission und Verteilungsplankommission, außerdem eine Reihe weiterer Änderungsanträge für Satzung, Berechtigungsvertrag, Verteilungsplan und Geschäftsordnungen besprochen, die Aufsichtsrat und Vorstand zur kommenden Mitgliederversammlung vorzulegen planen. Dazu gehört die Regelung der Verteilung in der Sparte E (E-Musik-Veranstaltungen). Die Mitgliederversammlung 2017 hat eine befristete Neuregelung des Verteilungsplans beschlossen. Hiernach sollten die Einnahmen aus Pauschallizenzverträgen, wie sie die GEMA traditionell insbesondere mit den Kirchen für dort veranstaltete E-Musik-Konzerte abgeschlossen hat, für die Geschäftsjahre 2018 bis 2020 in einem gesonderten Segment verteilt werden. Aktuelle Entwicklungen auf der Inkassoebene haben – auch wenn diese grundsätzlich positiv zu bewerten sind – erhebliche Auswirkungen auf die strukturellen und wirtschaftlichen Erwägungen, die der beabsichtigten Einrichtung eines solchen gesonderten Segments für die Verteilung der Einnahmen aus Pauschallizenzverträgen zugrunde lagen. Aufsichtsrat und Vorstand wollen daher vorschlagen, die Neuregelung im Verteilungsplan wieder zu streichen. Das Ziel einer schrittweisen Neugestaltung der Verteilung in der Sparte E durch die Etablierung eines stärkeren Inkassobezugs bei gleichzeitiger Wahrung und Weiterentwicklung des Prinzips der kulturellen Förderung soll unabhängig davon aber weiter verfolgt werden.
Ein weiterer Antrag betrifft die Verteilung der Einnahmen, die die GEMA für vergütungspflichtige private Vervielfältigungen von der Zentralstelle für private Vervielfältigungsrechte (ZPÜ), einem Zusammenschluss der GEMA und acht weiterer Verwertungsgesellschaften in Deutschland, erhält. Die bestehenden Regelungen der GEMA zur Verteilung dieser Einnahmen in verschiedene Sparten bedürfen der Anpassung, weil sowohl die Aufteilungsquoten als auch die zu berücksichtigenden Sparten nicht mehr dem tatsächlichen Kopierverhalten entsprechen. Die geplante Neuaufteilung, die für Einnahmen ab dem Geschäftsjahr 2018 gelten soll, orientiert sich an empirischen Studien der ZPÜ. Neben einer generell näher an den Nutzungsgewohnheiten orientierten Aufteilung gehört die geplante Einbeziehung von Online-Sparten zu den vorgesehenen Neuerungen.
Im Geschäftsjahr 2017 lagen die Einnahmen, die der GEMA aus der ZPÜ zugeflossen sind, mit ca. 150 Millionen Euro deutlich höher als es im Durchschnitt der Fall ist, zu großen Teilen dadurch bedingt, dass ein weiterer Teil der Zahlung ausgeschüttet wurde, die die ZPÜ rückwirkend als Vergütung für Vervielfältigungen auf Smartphones und Tablets für die Jahre 2012 bis 2016 erhalten hat. Aufgrund dieser zusätzlichen Einnahmen, so die Prognose, werden die Gesamt-Einnahmen der GEMA 2017 erneut über einer Milliarde Euro liegen. 2018 sind allerdings Sondererträge aus der ZPÜ oder von anderer Seite in außergewöhnlicher Höhe nicht zu erwarten. Die Regelerträge der GEMA dürften sich aber – bei unterschiedlicher Tendenz in den einzelnen Inkassobereichen – insgesamt leicht positiv entwickeln, während bei der Höhe der Aufwendungen keine nennenswerten Veränderungen absehbar sind. Der Aufsichtsrat konnte daher, nachdem auch sein Wirtschaftsausschuss sich damit ausführlich befasst hatte, die Planung für das Geschäftsjahr 2018 verabschieden.