GEMA Aufsichtsrat: Bericht über die Sitzung am 12./13. Oktober 2016

In der diesjährigen Herbstsitzung des Aufsichtsrats am 12. und 13. Oktober in München stand ein Thema im Mittelpunkt: die Entscheidung über den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages mit YouTube. Nach langwierigen Verhandlungen hat YouTube sich bereitgefunden, Vergütungszahlungen in erheblicher Höhe zu leisten, die aus Sicht der GEMA sowohl die Vergangenheit als auch die kommenden Jahre bis zum Ende der Vertragslaufzeit 2019 angemessen abdecken. Aufgrund der finanziellen Konditionen und weil Kernforderungen der GEMA mit dem Vertrag erfüllt sind, hat der Aufsichtsrat nach langer, intensiv geführter Diskussion und ausgiebiger Abwägung aller Argumente dem Vertragsabschluss zugestimmt (Einzelheiten dazu werden separat veröffentlicht). Der Aufsichtsrat ist überzeugt, dass ein Ergebnis wie das jetzt erreichte ohne die harte Haltung und Ausdauer der GEMA, die sich auch in mehreren Gerichtsverfahren gezeigt hat, nicht zustande gekommen wäre. Dem Aufsichtsrat war es aber auch wichtig darauf hinzuweisen, dass mit dem Vertragsabschluss keine Abkehr von der Rechtsposition der GEMA verbunden ist – diese unterscheidet sich also weiterhin von der YouTube’s, was auch vertraglich festgehalten wurde. Der Vertrag wurde daher ohne Präjudiz für die Zukunft abgeschlossen. Der Aufsichtsrat legt zudem Wert darauf, dass sich die Parteien vertraglich dazu verpflichten, gemeinsam an einer Verbesserung der Qualität des Abrechnungsprozesses und der Nutzungsmeldungen zu arbeiten, unter Berücksichtigung der sich kontinuierlich weiterentwickelnden technischen Möglichkeiten.

Zum 1. Juni 2016 ist das Verwertungsgesellschaftengesetz in Kraft getreten, doch die Auswirkungen dieses Gesetzes beschäftigen die GEMA weiter. Die Gestaltung des neuen Gesetzes, das das bisherige Urheberrechtswahrnehmungsgesetz abgelöst hat, war von der GEMA intensiv begleitet worden, ebenso wie schon die Entstehung der EU-Wahrnehmungsrichtlinie von 2014, mit der die Rechte und Aufgaben der Verwertungsgesellschaften in Europa zum Teil harmonisiert und einheitliche Mindeststandards im Bereich des Wahrnehmungsrechts definiert werden. Dass auch die Vorgaben aus dieser Richtlinie in das Gesetz eingeflossen sind, sieht der Aufsichtsrat als insgesamt positiv für die GEMA – zumal die Politik sich damit eindeutig zum System der kollektiven Rechtewahrnehmung bekennt.

Dennoch, mit dem VGG sind „nicht alle Wünsche der GEMA in Erfüllung gegangen“, wie es Bundesjustizminister Heiko Maas in seiner Gastrede auf der vergangenen Hauptversammlung Ende April in Berlin formulierte. Der Aufsichtsrat sieht insbesondere einige Vorgaben für die Binnenstruktur der deutschen Verwertungsgesellschaften nach wie vor mit gewissen Bedenken, auch wenn aus dem VGG resultierende Änderungen des Regelwerks der GEMA bereits auf der diesjährigen Mitgliederversammlung beschlossen wurden. Dies betrifft vor allem die Möglichkeit, das Stimmrecht in der Mitgliederversammlung künftig im Wege elektronischer Kommunikation (E-Voting) oder durch einen Vertreter auszuüben sowie die Versammlung per Live-Stream zu verfolgen. Mit der Ausgestaltung dieser Regelungen und der Voraussetzungen für ihre Anwendung bereits zur kommenden Mitgliederversammlung, die vom 22. bis 24. Mai 2017 in München stattfindet, befasste sich nunmehr der Aufsichtsrat. Die Bedingungen, wie die Fristen für die Anmeldung zum E-Voting oder einer Stellvertretung, sollen konkretisiert werden in einer separaten Geschäftsordnung, über die der Aufsichtsrat in seiner nächsten Sitzung im Dezember zu beschließen hat. Die Mitglieder werden in den Veröffentlichungen und auf der Website der GEMA umfassend über das künftige Prozedere und die Abläufe im kommenden Jahr informiert. Allerdings ist es dem Aufsichtsrat wichtig zu betonen, dass – auch wenn eine Erweiterung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Mitglieder grundsätzlich begrüßt wird – eine Abstimmung per E-Voting oder durch einen Stellvertreter die persönliche Teilnahme an der Mitgliederversammlung nicht ersetzen kann, da die Diskussionen und Erläuterungen direkt in der Versammlung entscheidend zum Meinungsbildungsprozess über Regelwerks-Änderungen beitragen können.

Erste Anträge auf Änderungen von Satzung, Verteilungsplan und Geschäftsordnungen, die Aufsichtsrat und Vorstand zur kommenden Mitgliederversammlung vorzulegen planen, wurden bereits besprochen, über weitere wird in der nächsten Sitzung beraten. Dazu gehören auch Änderungsvorschläge bei der Gestaltung des ehrenamtlichen Engagements in der GEMA, womit sich der Aufsichtsrat im Rahmen einer Strategiesitzung Ende Juni ausgiebig befasst hatte.

Daneben beschloss der Aufsichtsrat Änderungen seiner Geschäftsordnung, der für seine Ausschüsse und Kommissionen sowie der für den Vorstand, teilweise ebenfalls in Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben. Schließlich waren, nachdem die Mitgliederversammlung 2016 einen redaktionell grundlegend überarbeiteten Verteilungsplan verabschiedet hat, die Verweise auf den Verteilungsplan in anderen Teilen des Regelwerks an die Neufassung anzupassen.

Vorbereitet hat der Aufsichtsrat Berichte über die Auswirkungen der Rundfunkverteilung sowie über das Nutzungsverhalten im Online-Bereich. Damit wird den Aufträgen aus den Mitgliederversammlungen 2014 und 2015 entsprochen, als ein neues Verteilungsmodell für den Rundfunkbereich bzw. eine Neuordnung des Verteilungsplans für den Nutzungsbereich Online beschlossen worden waren. Ausführliche Berichte dazu sollen bis zur nächsten Mitgliederversammlung vorgestellt und auch auf der GEMA-Website veröffentlicht werden. Anknüpfend an die Verteilungsplan-Reformen in den vergangenen Jahren setzt sich eine Arbeitsgruppe aus Komponisten und Verlegern im Aufsichtsrat derzeit mit Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der Verteilung im E-Musik-Bereich auseinander. Wie bei den früheren Reformvorhaben soll auch hierzu eine intensive Kommunikation mit den Mitgliedern stattfinden. Ob bereits zur Mitgliederversammlung 2017 ein konkreter Änderungsvorschlag vorgelegt werden kann, ist allerdings noch nicht entschieden, da zunächst weiterer Prüfungsbedarf gesehen wird.

Bereits seit Jahren hat sich der Aufsichtsrat aufgrund eines Rechtsstreits gegen die Schwestergesellschaft VG Wort zur Frage der Beteiligung von Buchverlegern an ihren Ausschüttungen immer wieder mit der Beteiligung von Verlegern an den GEMA-Erträgen zu befassen. Seit Juli 2012 hat die GEMA sämtliche Ausschüttungen auf verlegte Werke unter den Vorbehalt der Rückforderung gestellt. Im April 2016 urteilte der Bundesgerichtshof, dass Verleger an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft Wort nicht beteiligt werden dürfen, da nach europäischem Recht die betroffenen sogenannten gesetzlichen Vergütungsansprüche (z.B. Speichermedien- und Geräteabgabe) originär den Urhebern zustünden und die Urheber über diese nicht zugunsten der Verleger im Voraus verfügen könnten. Infolgedessen sah sich die GEMA gezwungen, Ausschüttungen auf gesetzliche Vergütungsansprüche an Verleger vorläufig einzubehalten, auch wenn das Ausschüttungssystem der GEMA wesentliche Unterschiede zu dem Sachverhalt aufweist, mit dem der Bundesgerichtshof befasst war. Die GEMA ebenso wie andere deutsche Verwertungsgesellschaften erhofft sich nun kurzfristig eine gesetzliche Klarstellung, dass eine Verlegerbeteiligung an Ausschüttungen auf Nutzungsrechte grundsätzlich zulässig ist. Eine Beteiligung von Verlegern an Ausschüttungen auf gesetzliche Vergütungsansprüche soll erfolgen, wenn der Urheber einer solchen Beteiligung zustimmt. Auf europäischer Ebene gibt es ebenfalls Aktivitäten in dieser Sache: Die Europäische Kommission hat im September den Entwurf einer Richtlinie für den digitalen Binnenmarkt vorgelegt, wonach unter anderem eine Beteiligung von Verlegern an gesetzlichen Vergütungsansprüchen ermöglicht werden soll.

Die weiteren Vorschläge aus Brüssel zur Modernisierung des EU-Urheberrechts sind aus Sicht des Aufsichtsrats ebenfalls grundsätzlich begrüßenswert, denn wichtige Anliegen der GEMA wurden dabei von der Kommission aufgegriffen. So zielt das vorgestellte Paket eindeutig auf eine Stärkung der Position der Rechteinhaber gegenüber Online-Plattformen ab und enthält Entwürfe für Maßnahmen, wie dem einseitigen sogenannten Wertetransfer entgegengewirkt werden kann. In der Phase der Formulierung ihrer Vorschläge hat die Kommission, wie zu hören ist, der von vielen GEMA-Mitgliedern, darunter auch den Autorenvertretern im Aufsichtsrat, unterstützte offene Brief beeindruckt, in dem bis September über 22.000 Urheber aus ganz Europa eine faire Beteiligung an der Online-Nutzung ihrer Werke forderten. Die Vorschläge werden nun im EU-Parlament und im Rat der Mitgliedstaaten diskutiert, mit ihrer Verabschiedung ist daher nicht vor Ende 2017 zu rechnen. Die GEMA wird in diesem Prozess weiterhin keine Möglichkeit ungenutzt lassen, um ihren Anliegen in Brüssel Nachdruck zu verleihen.

Wie gewohnt behandelte der Aufsichtsrat außerdem den aktuellen Stand von Aktivitäten, die in früheren Sitzungen eingeleitet wurden. Dazu gehörten die Neuausrichtung des Außendienstes der GEMA seit Juli 2016, wie sie der Aufsichtsrat im vergangenen Jahr beschlossen hatte, damit die Kunden bei der Lizenzierung öffentlicher Musikwiedergaben noch besser betreut werden können, sowie das neue Mitgliederprogramm, in dessen Rahmen Vergünstigungen bei Messen und Kongressen, Auftritte im Rahmen von Showcases, eine Teilnahme an Workshops oder Versicherungsvorteile angeboten werden.

Des Weiteren standen Wahlen auf der Tagesordnung: Als Mitglieder des Wertungsausschusses für das Wertungsverfahren der Verleger in der Sparte E wurden Stefan Conradi und Horst Schubert sowie als Stellvertreter Dr. Peter Hanser-Strecker wiedergewählt, und als Kuratoriumsmitglieder der Versorgungsstiftung der deutschen Komponisten hat der Aufsichtsrat Ralf Hoyer, Michael Hoeldke, Christoph Rinnert, Rainer Rubbert und Torsten Sense bestätigt. Schließlich beschloss der Aufsichtsrat über Anträge zur Aufnahme als ordentliches Mitglied: Rund 60 Musikautoren und Verlage werden künftig neu als ordentliche Mitglieder geführt.