Die Köpfe der weltweit ersten KI-Hitparade im Interview

Künstliche Intelligenz hat die Musikbranche ordentlich durchgeschüttelt. Und obgleich der ein oder andere besorgt auf diese Veränderungen blickt, gehen viele Künstlerinnen und Künstler mit dem Thema heute offen um und erkennen durchaus auch optimistisch die neuen Potenziale an. Dass zeigen auch Andi Königsmann aka Andi Amo und Annette Jans aka Annett Louisan in ihrem Podcast „Die Regenbogenmaschine“.

Dort haben sie gemeinsam mit GEMA Mitgliedern eine Hit-Parade unter dem Titel „Die Prompt-Parade“ ins Leben gerufen, in der einmal im Monat zehn Songs vorgestellt werden, die rein von einer KI „geschrieben wurden“. 

Die Idee dahinter besteht nicht darin, den Hörerinnen und Hörern Angst einzujagen, sondern auf humorvolle Art und Weise auf die Veränderungen in der Musikbranche hinzuweisen, die man wiederum als kreative Inspiration für seine eigene Arbeit nutzen kann. Die Hits decken verschiedene Genres ab, von Schlager über Reggae bis Swing und Rap, von der Pop-Ballade bis hin zum Mallorca-Hit. Amüsant sind vor allem die Titel, Inhalte und Namen der Interpretinnen und Interpreten und der vorgestellten Lieder. Oft werden alltägliche Situationen vertont, wie z.B. die Suche nach dem perfekten Style vor einem riesigen Kleiderschrank in „Mein perfekter Style“ oder das richtige Einräumen der Spülmaschine in „Ich kann nicht richtig schlafen, wenn die Spülmaschine nicht richtig eingeräumt ist“. Hinzu kommen vertonte Rezepte zum idealen Mischverhältnis einer Weißweinschorle in „Schorle, Schorle“ oder Schlager- und Malle-Hits wie „Döner und Sekt“ und „Karlsruhe (Stadt aus Beton)“. Interpretiert werden die Songs dabei von Kerstin Bot(t), Roland KI-ser, Helene Fis(c)hing und Schobbe Marley, natürlich angelehnt an die allseits bekannten Sängerinnen und Sänger. Durch kuriose Entstehungsgeschichten und Hintergrundinformationen zu Titel und Urheberinnen und Urhebern werden die Songs satirisch eingeläutet. 

Wir haben nachgefragt, was die beiden über Künstliche Intelligenz in der Musik denken.

Künstliche Intelligenz beschäftigt vor allem die Kreativen. Wo seht ihr Chancen, aber auch Risiken und Herausforderungen in Bezug auf die Arbeit als Künstlerin oder Künstler?

KI ist ein großartiges Werkzeug, um sehr schnell musikalische Layouts zu erstellen und eine wunderbare Spielwiese, um Neues auszuprobieren. Das Sonwriting wird demokratisiert. Theoretisch haben jetzt auch weniger erfahrene Musiker die Chance, qualitativ hochwertige Songs zu schreiben. Das empfinden viele Profis als Bedrohung ihrer Zunft. Für uns dagegen ist die KI eher ein kreativer Partner, der uns inspiriert und permanent neuen Input liefert. Risiken sehen wir in folgendem: Wenn viele Musiker auf ähnliche KI-Tools zurückgreifen, besteht die Gefahr, dass Musik uniformer und weniger originell wird. Aber das passiert ohne KI ja auch schon. Da wir beide auch in der Werbung tätig sind, nutzen wir KI dort zur Erstellung von Hintergrundmusiken, Radiospots und Jingles.

Ihr beide seid ja selbst Musikschaffende. Nutzt ihr bereits Künstliche Intelligenz beim Schreiben von eigenen Werken und wenn ja, mehr als Inspiration oder sogar als essenziellen Bestandteil eurer Werke?

Der Prozess des Songwritings hat sich für uns fundamental verändert. Unserer Texte sind zum Großteil noch echtes „Textdichterhandwerk“ aber unsere Kompositionen alle KI-unterstützt. KI ist für uns ein mächtiges Werkzeug, das wir fest in unseren Schaffensprozess integriert haben. Es ist dabei aber nicht so, dass wir nur aufs berühmte Knöpfchen drücken. Im Entstehungsprozess wird noch viel gebastelt, geschnitten, geschraubt und kuratiert. Nur eben nicht mehr am Klavier, sondern am Rechner. Unser Output hat sich dadurch drastisch erhöht. 

Wie würdet ihr selbst die vorgestellten KI-Songs in der Prompt-Parade hinsichtlich ihrer Qualität bewerten und wird Künstliche Intelligenz jemals in der Lage sein, „bessere“ Musik zu machen als der Mensch?

Besonders beim Text gab es anfangs noch einige Qualitätsmängel hinsichtlich Sinnhaftigkeit und sauberer Reime. Auch entlarven sich KI-Songs oft durch eine falsche Betonung. Die Qualität der Songs wird aber täglich besser. Und zwar nicht linear, sondern exponentiell. Wir staunen immer wieder, was alles möglich ist. Wenn man sich manchen Schlager anschaut, sind wir der Auffassung, dass Künstliche Intelligenz bereits jetzt bessere Musik macht als der Mensch.

Ihr habt mit eurem Podcast bewiesen, dass man dem Voranschreiten Künstlicher Intelligenz in der Musikbranche auch humorvoll begegnen kann. Welchen Appell habt ihr an die Musikschaffenden da draußen, die sich Gedanken und Sorgen um ihre kreative Arbeit machen?

Einfach mal ausprobieren und neue Experimentierfelder entdecken. KI nicht als Bedrohung begreifen, sondern als Werkzeug, um die eigene Kreativität zu entfalten.


Hier geht’s zum Podcast.

Und wer neugierig ist, kann auch eigene Songs prompten und an promptparade@regenbogenmaschine.org einreichen und am Ende jeder Folge auf Instagram über den persönlichen Lieblings-KI-Song abstimmen. Reinhören lohnt sich, nicht nur zu Unterhaltungszwecken, sondern auch als Inspiration fürs eigene Komponieren und Schreiben.