Nach fünf Jahren gibt Prof. Dr. Enjott Schneider sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der GEMA ab. Im Interview blickt er zurück.
Sie sind vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zurückgetreten, verbleiben aber im Aufsichtsrat. Sie wollen wieder mehr Zeit Ihrer eigenen Musik widmen.
Wer heute für Urheberrechte und angemessene Vergütung eintreten will, darf nicht nur Sonntagsreden führen, sondern muss auf oberstem Level der Rechtsregulierung – ob deutsch oder vor allem europäisch – hart am Ball bleiben. Gleiches gilt für die vertraglichen Verhandlungen im zukunftsträchtigen Online-Business mit den Medienkonzernen und Datengiganten von Google, Youtube, Spotify, Apple, Amazon bis Sony und… was noch alles. Der Kampf von David (dem kleinen Urheber) gegen Goliath und andere „Riesen“ ist nicht nur härter geworden, sondern vor allem komplexer. Ab einem gewissen Punkt stellte ich fest, dass meine Energie und meine Professionalität – vom Business-Englisch bis zu BWL- und Marketingstrategien oder juristischem Fachwissen – nicht mehr ausreichten. Mir wurde klar, dass ich mit meiner kritischen Stimme als weltweit geachteter Komponist mich besser für Kunst und Urheberschutz einsetzen kann, denn als Second-Hand-Jurist oder dilettantischer „BWLer“. Gab es Highlights in Ihrer Amtszeit?
Im Anfangsjahr 2012 war noch sehr viel Gegenwind und GEMA-Bashing, sowohl in der Öffentlichkeit wie bei den Politikern. Ich denke an den Dissenz mit den Diskothekenbetreibern oder die Häme, mit der man unseren Rechtsstreit mit Youtube kommentierte – gerade in einer schadenfrohen Presse. Für mich war es Erleichterung und Highlight, dass die GEMA zunehmend transparent und kommunikativer wurde. Man begann zu begreifen, dass der Kampf gegen die Plattformen oder Medienkonzerne und für die angemessene Vergütung von geistigem Eigentum ein Kampf war, der allen Kulturschaffenden zugute kommt. Die Digitalisierung nach Wildwest-Liberalismus trieb nämlich auch die Filmschaffenden, den Rundfunk, die gegen E-Books kämpfende Literatur und den Gratis-Journalismus ins Prekariat. Es wuchs eine Solidarität aller Branchen. Man vereinigte sich in einer Content Allianz und fand Gehör bei Politikern. Kultur einer bloß profitgetriebenen Marktwirtschaft ohne Spielregeln zu überlassen, wurde zunehmend obsolet. Das hat mich sehr gefreut. Weitere Highlights waren die Reformen der Live-Abrechnung nach INKA, die Reform von Rundfunk und Verteilungsplan. Dieser Ruck zu mehr Transparenz, Effizienz, Internationalität und Modernisierung (auch durch eine inzwischen weltweit geachtete IT-Umstrukturierung) fand auch im Jahrhundert-Projekt ICE deutlichen Ausdruck. Gemeinsam mit den Verwertungsgesellschaften in England und Schweden die paneuropäische Lizensierung aufzustellen und eine epochale Datenbank zu erbauen: Das war eine Megaleistung der GEMA. Diese war übrigens nur möglich mit einem dynamischen verjüngten Vorstand und einer exzellenten Riege von DirektorInnen, die erfreulich Power zeigten und für frischen Wind sorgten. Kulturelle Highlights wie die Etablierung des Deutschen Musikautorenpreises als Sympathieträger für den GEMA-Gedanken wären weitere Ergänzungen. Wie hat sich die GEMA während der letzten 5 Jahre verändert?
Zum Teil habe ich das mit dem Anwachsen von Transparenz, technischer Nachrüstung und dem ideellen Hineinwachsen in die Gesellschaft ja schon angedeutet. Um die Digitalisierung der Gesellschaft ohne Schaden zu überstehen braucht es Mut, Innovation und ein strategisches Frühwarnsystem, und das hat die GEMA gezeigt und damit europa- oder gar weltweit höchste Anerkennung bekommen. Natürlich ist die Phase des „inneren Umbaus“ mit Reibungen und Kollateralschäden verbunden. Die Einführung einer komplett neuen IT-Struktur (bei lebendem Organismus des Tagesgeschäfts) hat durchaus zu kleinen Trübungen geführt. Doch wenn die „IT-Roadmap“ nun in 12 Monaten abgeschlossen sein wird, ist die GEMA den Anforderungen der Zukunft und einem zufriedenstellenden Mitgliederservice gewachsen. Wie sehen Sie die GEMA für die Zukunft gerüstet?
Die internationale Aufstellung und die operativen Tools sind bald alle betriebsklar. Wenn jetzt noch die vielen Ressourcen von Arbeitskräften, die momentan für Umstrukturierung und Neuorganisation gebunden sind, wieder frei werden und für den direkten Service an Mitglieder und Kunden eingebracht werden, dann wird es erst richtig überzeugend: Trotz aller Automatisierung und Digitalisierung sollte die GEMA ihre Mitglieder weiterhin auch individuell, live am Telefon und mit persönlichen Problemlösungen betreuen. Die musikalische Vielfalt und auch die Individualität der Kreativen ist zu groß, als dass alles über einen Kamm geschert oder in allen Details programmiert werden kann. Was sind musikalisch Ihre nächsten Schritte?
Mein Lebenswerk weiterhin mit 3-6 CDs pro Jahr zu dokumentieren ist eine Sache. Die andere ist die Suche nach einer neuen kompositorischen Stilistik, die mir in der Tat schlaflose Nächte beschert: Wir leben noch viel zu sehr in einem materialistischen und fassadenorientierten Weltbild. Unsere Welt aus quantenphysikalischer Sicht besehen besteht nämlich zu 99% aus Vakuum und den Schwingungen wirbelnder Energie. Solche Wellenmuster der Realität werden von mathematischen Prinzipien und universalen Gesetzen reguliert. Diese möchte ich in sinnliche Musik überführen und erlebbar machen – und damit jenseits von psychologistischem „Ich-Ausdruck“ zu etwas Kosmischen werden lassen.
Wer heute für Urheberrechte und angemessene Vergütung eintreten will, darf nicht nur Sonntagsreden führen, sondern muss auf oberstem Level der Rechtsregulierung – ob deutsch oder vor allem europäisch – hart am Ball bleiben. Gleiches gilt für die vertraglichen Verhandlungen im zukunftsträchtigen Online-Business mit den Medienkonzernen und Datengiganten von Google, Youtube, Spotify, Apple, Amazon bis Sony und… was noch alles. Der Kampf von David (dem kleinen Urheber) gegen Goliath und andere „Riesen“ ist nicht nur härter geworden, sondern vor allem komplexer. Ab einem gewissen Punkt stellte ich fest, dass meine Energie und meine Professionalität – vom Business-Englisch bis zu BWL- und Marketingstrategien oder juristischem Fachwissen – nicht mehr ausreichten. Mir wurde klar, dass ich mit meiner kritischen Stimme als weltweit geachteter Komponist mich besser für Kunst und Urheberschutz einsetzen kann, denn als Second-Hand-Jurist oder dilettantischer „BWLer“. Gab es Highlights in Ihrer Amtszeit?
Im Anfangsjahr 2012 war noch sehr viel Gegenwind und GEMA-Bashing, sowohl in der Öffentlichkeit wie bei den Politikern. Ich denke an den Dissenz mit den Diskothekenbetreibern oder die Häme, mit der man unseren Rechtsstreit mit Youtube kommentierte – gerade in einer schadenfrohen Presse. Für mich war es Erleichterung und Highlight, dass die GEMA zunehmend transparent und kommunikativer wurde. Man begann zu begreifen, dass der Kampf gegen die Plattformen oder Medienkonzerne und für die angemessene Vergütung von geistigem Eigentum ein Kampf war, der allen Kulturschaffenden zugute kommt. Die Digitalisierung nach Wildwest-Liberalismus trieb nämlich auch die Filmschaffenden, den Rundfunk, die gegen E-Books kämpfende Literatur und den Gratis-Journalismus ins Prekariat. Es wuchs eine Solidarität aller Branchen. Man vereinigte sich in einer Content Allianz und fand Gehör bei Politikern. Kultur einer bloß profitgetriebenen Marktwirtschaft ohne Spielregeln zu überlassen, wurde zunehmend obsolet. Das hat mich sehr gefreut. Weitere Highlights waren die Reformen der Live-Abrechnung nach INKA, die Reform von Rundfunk und Verteilungsplan. Dieser Ruck zu mehr Transparenz, Effizienz, Internationalität und Modernisierung (auch durch eine inzwischen weltweit geachtete IT-Umstrukturierung) fand auch im Jahrhundert-Projekt ICE deutlichen Ausdruck. Gemeinsam mit den Verwertungsgesellschaften in England und Schweden die paneuropäische Lizensierung aufzustellen und eine epochale Datenbank zu erbauen: Das war eine Megaleistung der GEMA. Diese war übrigens nur möglich mit einem dynamischen verjüngten Vorstand und einer exzellenten Riege von DirektorInnen, die erfreulich Power zeigten und für frischen Wind sorgten. Kulturelle Highlights wie die Etablierung des Deutschen Musikautorenpreises als Sympathieträger für den GEMA-Gedanken wären weitere Ergänzungen. Wie hat sich die GEMA während der letzten 5 Jahre verändert?
Zum Teil habe ich das mit dem Anwachsen von Transparenz, technischer Nachrüstung und dem ideellen Hineinwachsen in die Gesellschaft ja schon angedeutet. Um die Digitalisierung der Gesellschaft ohne Schaden zu überstehen braucht es Mut, Innovation und ein strategisches Frühwarnsystem, und das hat die GEMA gezeigt und damit europa- oder gar weltweit höchste Anerkennung bekommen. Natürlich ist die Phase des „inneren Umbaus“ mit Reibungen und Kollateralschäden verbunden. Die Einführung einer komplett neuen IT-Struktur (bei lebendem Organismus des Tagesgeschäfts) hat durchaus zu kleinen Trübungen geführt. Doch wenn die „IT-Roadmap“ nun in 12 Monaten abgeschlossen sein wird, ist die GEMA den Anforderungen der Zukunft und einem zufriedenstellenden Mitgliederservice gewachsen. Wie sehen Sie die GEMA für die Zukunft gerüstet?
Die internationale Aufstellung und die operativen Tools sind bald alle betriebsklar. Wenn jetzt noch die vielen Ressourcen von Arbeitskräften, die momentan für Umstrukturierung und Neuorganisation gebunden sind, wieder frei werden und für den direkten Service an Mitglieder und Kunden eingebracht werden, dann wird es erst richtig überzeugend: Trotz aller Automatisierung und Digitalisierung sollte die GEMA ihre Mitglieder weiterhin auch individuell, live am Telefon und mit persönlichen Problemlösungen betreuen. Die musikalische Vielfalt und auch die Individualität der Kreativen ist zu groß, als dass alles über einen Kamm geschert oder in allen Details programmiert werden kann. Was sind musikalisch Ihre nächsten Schritte?
Mein Lebenswerk weiterhin mit 3-6 CDs pro Jahr zu dokumentieren ist eine Sache. Die andere ist die Suche nach einer neuen kompositorischen Stilistik, die mir in der Tat schlaflose Nächte beschert: Wir leben noch viel zu sehr in einem materialistischen und fassadenorientierten Weltbild. Unsere Welt aus quantenphysikalischer Sicht besehen besteht nämlich zu 99% aus Vakuum und den Schwingungen wirbelnder Energie. Solche Wellenmuster der Realität werden von mathematischen Prinzipien und universalen Gesetzen reguliert. Diese möchte ich in sinnliche Musik überführen und erlebbar machen – und damit jenseits von psychologistischem „Ich-Ausdruck“ zu etwas Kosmischen werden lassen.