GEMA Radio-Report: Öffentlich-rechtliche Vielfalt trifft private Mainstream-Musik
139 Radiosender, 12 Jahre, zahllose Airplay-Minuten: Die GEMA hat in einer Langzeitstudie die Musik im deutschen Radio untersucht. Die Analyse beruht auf den „Kulturfaktoren“, mit denen die GEMA musikalische Vielfalt fördert. Das Ergebnis des Radio-Reports sind fundierte Zahlen, die ein präzises Bild von der Radiolandschaft in Deutschland zeichnen. Die Ergebnisse zeigen, wo Programmvielfalt in der deutschen Radiolandschaft herrscht, auf welchen Sendern Nischenrepertoire gespielt wird und wie es um Songs mit deutschen Texten bestellt ist. Besonders gut schneiden dabei die Öffentlich-rechtlichen ab. Ein Trend zeigt bei allen Sendern deutlich nach unten.

Ob im Radio wirklich immer das gleiche läuft
Da läuft immer die gleiche Musik. Die spielen rund um die Uhr dieselben Songs. Keine Abwechslung ...
Bemängeln Sie auch fehlende Vielfalt in deutschen Radios? Oder sind Sie anderer Ansicht? Freuen Sie sich über die vielen verschiedenen Songs, die auf Ihrem Lieblingssender laufen? Wenn letzteres zutrifft, hören Sie wahrscheinlich öffentlich-rechtliche Sender. Die Programmvielfalt ist hier fast 4mal so hoch wie bei privaten Hörfunksendern. Das gilt für die Jahre von 2013 bis 2024 – wie unsere Grafik zeigt.

Wo kleine Artists und unbekannte Songs zu finden sind
Sind öffentlich-rechtliche Sender wirklich Mainstream-Medien – wie das manchmal behauptet wird? Wenn wir auf die Musik hören: sicherlich nicht. Denn der Anteil an Nischenrepertoire ist bei diesen Sendern sehr hoch, bei manchen erreicht er fast 100 Prozent. Und mit Nischenrepertoire ist Musik abseits des Mainstreams gemeint, darunter fallen beispielsweise Genres wie Jazz, Klassik, traditionelle Volksmusik oder Chormusik.
Die privaten Sender können da nicht mithalten. Denn der private Hörfunk finanziert sich über Werbung, und die möchte möglichst viele Menschen ansprechen. Deshalb entspricht die Musik tendenziell auch dem Geschmack der Mehrheit. Dagegen spricht auch nichts – solange musikalische Nischen und Vielfalt erhalten bleiben – mithilfe der Öffentlich-rechtlichen.

Die Musik umrahmt jedes Thema – ist aber selbst nur Randthema
Musik und Radio hegen seit jeher eine enge Beziehung. Beide profitieren voneinander: Die Musik belebt das Programm. Das Radio macht Songs bekannt. Und doch – bei einer so langen Partnerschaft kommt es vor, dass sich ein Partner nicht ernst genommen fühlt.
Dafür gibt es auch gute Gründe. Denn der Anteil von redaktionell betreuten Musikbeiträgen ist sehr gering in der deutschen Radiolandschaft. Das bedeutet: Es gibt selten Interviews mit Musikerinnen oder Berichte über Konzerte, wenig musikalische Neuerscheinungen werden vorgestellt und redaktionelle Sendungen zu Musikthemen sind rar gesät. Mit einem Wort: Die Musik umrahmt zwar verschiedenste Themen, ist aber selbst kaum Thema.

Goodbye German Songs. It was a pleasure
Vielleicht sind Lieder mit deutschen Texten irgendwann ganz verschwunden. Was auf den ersten Blick übertrieben klingt, ist nicht weit hergeholt. Denn wenn man den Zeitraum von 2013 bis 2024 betrachtet, so rauscht der Anteil an deutschsprachigen Songs steil nach unten. Bei den privaten Radiostationen von 10 auf zuletzt rund 3 Prozent. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ist der Wert von 16 auf 10 Prozent gesunken.
Was daran so schlimm ist? Auf jeden Fall bedeutet es mangelnde Abwechslung für die Hörerinnen und Hörer. Der musikalische Reichtum nimmt ab. Doch es geht auch anders: Die Top-5 der öffentlich-rechtlichen Radiosender spielen sogar recht viel deutschsprachige Musik. Bei den Top-5 der privaten Sender gibt es immerhin einen Ausreißer.
Hintergrundinformationen zum GEMA Radio-Report
Die dargestellten Auswertungen beziehen sich auf deutsche Radiosender, die in allen 12 Auswertungsjahren von 2013-2024 im Rahmen einer Hörfunkanalyse zur Ermittlung von jährlichen Kulturfaktoren enthalten waren. Damit sind insgesamt 139 Sender in die Analyse eingeflossen. Untersucht wurden in einzelnen Jahren teilweise deutlich mehr Radiosender.
Für die Bildung der Kulturfaktoren im Hörfunk spielen 10 Kriterien eine Rolle (vgl. § 98 GEMA Verteilungsplan). Die Kulturfaktoren dienen zur Förderung kultureller Vielfalt in der deutschen Musiklandschaft. Ihre Ermittlung und regelmäßige Überprüfung erfolgt durch den Hörfunkausschuss der GEMA.
Für den GEMA Radio-Report wurde eine Auswahl von 4 Kriterien getroffen.
Die Hörfunkanalyse führen zwei externe Dienstleister im Auftrag der GEMA durch.